Mit kurzen Wellen zur matten Oberfläche

Mit Excimer-Anlagen lassen sich Lack-oberflächen mattieren und härten. Bild: Cefla

Lacktrocknung.  Tiefmatte Oberflächen mit Softtouch-Effekt liegen im Trend. Beim Nasslackieren braucht es dafür spezielle Lacke mit Mattierungsmittel. Eine spezielle Trocknungsmethode aus der Industrie ermöglicht nun extrem matte Ergebnisse ohne Zusatzstoffe.

Der Trocknungsprozess in der Oberflächenbehandlung sorgt immer wieder für kontroverse Diskussionen. Insbesondere seit vermehrt Wasserlacke gefordert werden, sind forcierte Trocknungsmethoden gefragt. Mit ihnen lassen sich die Trocknungszeiten von Wasser-, aber auch Lösemittellacken wesentlich reduzieren. Das schafft Platz und ermöglicht ein schnelleres Weiterverarbeiten der lackierten Teile. Ausserdem kann man so das Aufquellen der Holzfasern reduzieren, was sich positiv auf den Aufwand beim Zwischenschliff auswirkt.

Bei Durchlaufanlagen in der Industrie haben sich deshalb schon länger Trocknungssysteme mit UV-, Mikrowellen- oder Infrarottechnologie durchgesetzt. Bei vielen Neuentwicklungen gelangen diese mit der Zeit von der Industrie in das Gewerbe. In der Schweiz nutzen inzwischen auch verschiedene Hersteller von Halbfabrikaten, Lohnlackierer und zum Teil grössere Schreinereien solche Lösungen. Ausserdem gibt es kleine mobile Infrarot- oder UV-Lampen, die verhältnismässig günstig zu haben sind.

Tiefmatt mit Falten

In der Holzindustrie macht nun ein weiteres Verfahren von sich reden: Die Excimer-Technologie. Dabei geht es nicht um die Trocknungszeit, sondern um das Beeinflussen der Oberflächenstruktur durch eine spezielle UV-Strahlung mit einer Wellenlänge von 172 nm. Damit lassen sich tiefmatte Oberflächen mit einem Glanzgrad von unter fünf Gloss realisieren und das ganz ohne Mattierungsmittel im Lack. Die Bestrahlung von Oberflächenbeschichtungen mit kurzwelligen Excimerstrahlen führt zu einer Polymerisation in der obersten Schicht des Lackes. Auf der Oberfläche bildet sich ein dünner gehärteter Film. Da die Polymerisation zudem eine Schrumpfung bewirkt, weist der äussere Lackfilm Mikro-Faltungen auf, wodurch eine matte Oberfläche entsteht. Im Anschluss an das Mattieren mit Excimerstrahlen wird die Lackschicht mit konventioneller UV-Technologie fertig getrocknet.

Der Vorgang hat noch weitere positive Nebeneffekte auf Punkte, die bei tiefmatten Oberflächen immer ein Thema sind: Durch die gehärtete Oberfläche verbessern sich die Abrieb- und Ringfestigkeit. Ausserdem ergibt sich so eine Anti-Fingerprint-Beschichtung mit Softtouch-Effekt.

Die Strahlen durchlassen

Excimer steht für «excited dimer». Das heisst, dass ein Dimer, zum Beispiel ein Edelgas wie Xenon, nach Anlegen einer Wechselspannung zu einem höheren Energiezustand angeregt, also «excited» wird. So entsteht das kurzwellige UV-Licht. Weil normales Glas UV-Licht mit Wellenlängen unter 200 nm nicht durchlässt, befindet sich das Dimergas in einer Hülle aus synthetischem Quarzglas.

Ebenfalls nicht durchgelassen wird dieses UV-Licht vom in der Umgebungsluft enthaltenen Sauerstoff. Das heisst, die Excimer-Lampen müssen in einer sogenannten inerten Atmosphäre betrieben werden. Dies erreicht man, indem man Stickstoff in die Anlage leitet, der den Sauerstoff verdrängt.

Gut beherrschbarer Prozess

Die IST Metz GmbH aus dem deutschen Nürtingen ist ein weltweit bekannter Ausrüster von UV- und LED-Härtungssystemen. Wie das Unternehmen mitteilt, ist der Excimer-Prozess bei ebenen Materialien sehr gut beherrschbar. Bei der Produktion von endlosen PVC-Bodenbelägen kommt die Technik schon seit Längerem zum Einsatz, insbesondere aufgrund von speziellen Anforderungen bezüglich der chemischen und mechanischen Beständigkeit. In der Holzindustrie wurde die Technologie erst seit dem Aufkommen von natürlich wirkenden, tiefmatten Oberflächen ein Thema, zum Beispiel im Dekorbereich. Bei IST Metz sieht man aber auch Potenzial in kleineren Betrieben, die nur über eine Lackierlinie verfügen. Die Excimer-Technologie eröffnet die Möglichkeit, von Hochglanz bis Tiefmatt alle Oberflächen auf der gleichen Beschichtungslinie zu fahren.

In Lackierstrasse integrieren

Inzwischen gibt es verschiedene Anbieter wie Giardina oder Cefla, welche die Excimer-Technologie als komplette Module anbieten. Sie lassen sich in Lackierstrassen zwischen dem Lackauftrag und dem UV-Trockner integrieren. Je nach Anlage werden dafür drei bis sechs Meter Platz benötigt.

Wie erwähnt, braucht es für das Verfahren Stickstoff. Dieses Gas wird in der Industrie und anderen Bereichen wie der Landwirtschaft verbreitet eingesetzt. Es ist somit in Europa entsprechend gut und relativ günstig verfügbar. Die Lieferanten bieten darum auch verschiedene Systeme und Grössen bis hin zur eigenen Stickstoffaufbereitungsanlage an, die man kaufen oder mieten kann. Dazu gehören ebenfalls die vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen wie zum Beispiel Sicherheitsabschaltungen. Ansonsten gibt es aber kaum höhere Anforderungen an den Betrieb.

Der Stickstoffverbrauch liegt gemäss einer Schätzung von IST Metz bei etwa 60 bis 120 Kubikmetern pro Stunde, ausgehend von einer 1300 mm breiten Lackierlinie mit einem Vorschub von 10 bis 20 m pro Minute. Ebenfalls einen Einfluss auf den Verbrauch hat die Werkstückdicke.

Kombinationen testen

Betreffend Lack heisst es von den Anbietern der Excimer-Technologie, dass gängige UV-Lacke in der Regel gut auf Excimer-Strahlen reagieren. Inzwischen haben aber Hersteller wie Adler oder Remmers spezielle Produkte für diese Anwendung im Angebot. Denn wie und in welcher Qualität die Mikro-Faltungen auf der Oberfläche entstehen, hängt auch wesentlich von der Lackformulierung ab.

Deshalb bieten die Anlagen- und Lacklieferanten die Möglichkeit an, verschiedene Lacke, Materialien und Parameter auf Versuchsanlagen zu testen. Adler hat dafür erst kürzlich eine Laboranlage in Betrieb genommen. Sie verfügt über mehrere variable Strahlungsquellen, die in beliebiger Reihenfolge angeordnet werden können. So lassen sich alle denkbaren Prozesse und Einstellungen praxisgetreu simulieren.

Applikationsmethoden

Der Lackauftrag erfolgte bisher meistens im Walz- oder Giessverfahren. Das dürfte aber damit zu tun haben, dass die Excimer-Technologie im Fussbodenbereich als Erstes aufkam. Die Anlagenherstellerin Cefla verspricht beispielsweise, dass mit ihrer Anlage auch mit Roboter und oszillierenden Applikationsmethoden lackierte Fronten bis zu einer Dicke von 25 mm zuverlässig gehärtet werden können.

Ob in Zukunft auch in der Schweizer Holzbranche solche Anlagen zum Einsatz kommen, muss sich erst noch zeigen. Tiefmatte Oberflächen mit Softtouch-Effekt sind nach wie vor im Trend und das wird vermutlich auch noch eine Weile so bleiben. Gut möglich also, dass künftig noch weitere Zulieferer oder Lohnbeschichter auf die Excimer-Technologie setzen. Das Verfahren zeigt, dass spezielle, gezielt eingesetzte Trocknungsmethoden nicht nur die Durchlaufzeit verringern, sondern auch die Eigenschaften einer Oberfläche massgeblich verändern können.

www.ist-uv.comwww.ceflafinishing.comwww.giardinagroup.comwww.remmers-ag.chwww.adler-lacke.ch

ph

Veröffentlichung: 27. Februar 2020 / Ausgabe 9/2020

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