Mit Strom geliefert


Auch der Profi sieht erst auf den zweiten Blick, dass er vor einem Elektromobil steht. Bild: Peugeot


Auch der Profi sieht erst auf den zweiten Blick, dass er vor einem Elektromobil steht. Bild: Peugeot
Nutzfahrzeuge. Spätestens seit dem Dieselskandal und möglichen Verboten von Dieselfahrzeugen in Innenstädten ist die Diskussion um Fahrzeugantriebe neu entbrannt. Elektromotoren können bereits heute eine Alternative darstellen, auch für Nutzfahrzeuge.
Nicht nur bei der Bestimmung der Art des idealen zukünftigen Nutzfahrzeuges ist der Schreiner heute gefordert, sondern auch bei der Auswahl des passenden Antriebskonzeptes.
Welches ist jetzt wohl das richtige und welches davon kann man in der heutigen Zeit verantworten? Liegt ein Dieselfahrzeug überhaupt noch drin nach all den Schwindeleien und Offenbarungen? Ist Erdgas die Lösung, oder müsste es eher in Richtung elektrischer Antrieb gehen? Oder ist das auch wieder so ein Hype und nichts als Fantasterei und unerreichbar? Gibt es überhaupt schon gute und sinnvolle Lieferwagen mit elektrischem Antrieb zu kaufen?
Um diese Antwort gleich vorwegzunehmen: Ja, es gibt schon leichte Nutzfahrzeuge mit elektrischem Antrieb, und zwar gute. Die zentrale Frage lautet aber immer noch, ob ein solches Firmenfahrzeug das richtige ist oder nicht. Sind täglich viele Kilometer zu fahren, schwere Lasten zu transportieren oder ist gar ein Anhänger zu ziehen, drängt sich nämlich nach wie vor ein Fahrzeug mit Dieseltriebwerk auf. Sonst kann die werkseitig angegebene Reichweite beim Elektrischen schnell zur Mogelpackung werden. Denn ein ständig bis an seine Grenze belasteter Elektromotor braucht neben der Energie für seinen Vortrieb nicht wenig auch für die Kühlung der Batterien sowie anderer Komponenten und verliert damit schnell an Effizienz.
Vielfahrer, die täglich lange Strecken zurücklegen müssen, schwören auf Erdgas, dessen CO2-Emissionen bis 30 Prozent unter denen von Benzinmotoren liegen können. Benzinmotoren hingegen sind dann ideal, wenn täglich vor allem Kurzstrecken und nicht allzu viele Kilometer gefahren werden. Ist die tägliche Kilometerleistung aber überschaubar und gehts nur gerade mit Werkzeug, zwei Schreinern und wenig Material zu Baustellen in der näheren Umgebung, könnte ein Elektrolieferwagen genau die richtige Alternative sein. Der darf dann ungehindert in innerstädtische Umweltzonen, die in den nächsten Jahren wohl angelegt werden, und bringt auch sonst Vorteile.
Weltweit korrigieren die Regierungen die CO2-Grenzwerte, die durch den Verkehr verursacht werden dürfen, immer weiter nach unten. Seither haben die Zulassungen von Fahrzeugen mit vollelektrischem Antrieb zugenommen – wenigstens bei den Personenwagen.
Das zeigt auch der stetige Zuwachs bei den öffentlichen Ladestationen; in der Schweiz waren das im Januar 2018 um die 2000 Stück. Analog zur EU senkt die Schweiz bis 2023 den CO2-Zielwert für neue Personenwagen auf 95 Gramm pro Kilometer und führt mit 147 Gramm CO2 pro Kilometer auch neue Ziele für Lieferwagen ein. Selbstredend, dass bis dahin bei den herkömmlichen Verbrennungsmotoren auch noch einiges für deren bessere Umweltverträglichkeit getan werden wird, damit sie den geforderten Normen entsprechen können. Aber mit Sicherheit werden einige namhafte Hersteller noch ein breites Angebot an elektrifizierten Lieferwagenmodellen nachreichen. Heute sieht es bei den elektrischen Lieferwagen auf dem Schweizer Markt – ohne Klein- und Kleinsttransporter – schon folgendermassen aus:
Der von Iveco bereits 2009 vorgestellte «Daily Electric» gehört zusammen mit dem brandneuen «Master» von Renault zu den grossen Kastenwagen mit weit über 10 Kubikmeter Nutzvolumen in ihrer längsten Version. Dazu sind beide auch als Chassis/Kabine erhältlich und lassen sich individuell ausrüsten, was sicher den einen oder anderen Schreinereibetrieb freuen wird. Beide Modelle sind dank ihrer Grösse in der Lage, auch gröbere Elemente von A nach B zu transportieren, und stehen einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor in nichts nach – bis eben auf die Reichweite.
Im Schnelllademodus benötigt beispielsweise der Iveco am öffentlichen Stromnetz (32 A) nur gerade zwei Stunden zum Auf- laden. So und mit der Web-Monitoring-Anwendung – beim Renault heisst diese «My Z.E. Connect» – lassen sich Einsätze einfach und sicher planen und niemand bleibt wegen Energiemangels irgendwo im Regen stehen.
Der soeben komplett überarbeitete Nissan «e-NV200» ist ein etwas kleinerer Kastenwagen, hat aber mit 4,2 Kubikmeter Nutzvolumen vielleicht genau die richtige Grösse. Er bietet eine tiefe Ladekante und Platz für zwei Europaletten oder Ladegut mit einem Gewicht bis zu 700 Kilogramm. Der Nissan lässt sich an der Schnellladesteckdose in knapp einer Stunde aufladen und ist damit ebenfalls absolut alltagstauglich.
Der Citroën «Berlingo Electric» und der ähnliche «Partner Electric» von Peugeot sind wie der Renault «Kangoo Z.E.» schon seit geraumer Zeit auf dem Markt erhältlich und ihre Kinderkrankheiten längst los. Alle drei sind ideale Montagefahrzeuge mit annehmbarem Nutzvolumen und ihren mit fossilen Brennstoffen angetriebenen Brüdern und Schwestern ebenbürtig. Von den Batterien sieht man im Laderaum gar nichts, denn die sind unter dem Fahrzeugboden versteckt. Der Renault bietet mit 270 Kilo- metern die höchste Reichweite nach NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus), der Grundlage für die Ermittlung des Kraftstoff- oder Energieverbrauchs.
Wie bei allen anderen hier vorgestellten Fahrzeugen ist das ein theoretischer Wert, der in der Praxis kaum standhält. Je nachdem, wie viel Gewicht nämlich auf dem Fahrzeug lastet, wie die topografischen Verhältnisse aussehen, ob es Tag oder Nacht ist, kalt oder warm, sehen die Reichweitenzahlen schnell anders aus. Wenn es dann noch regnet und die Scheibenwischer mit Klimaanlage oder Belüftung eingeschaltet sind, sowieso.
Für einen Handwerksbetrieb aber, der mit seinem Lieferwagen täglich weniger als 100 Kilometer unterwegs ist, reicht der Strom alleweil bis nach Hause an die Steckdose. Und er steht als Vorreiter in Sachen Elektromobilität und Umweltschutz imagemässig erst noch gut da. Denn jedes Kind weiss heute, dass mit erneuerbarer Energie betriebene Elektrofahrzeuge eine geringere Umweltbelastung aufweisen als solche mit herkömmlichen Antrieben.
Mangels fehlender Ausgangsdaten und Berechnungsmethoden lassen sich Elektromobile und Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren im Moment nur schlecht miteinander vergleichen. Zu unterschiedlich sind sie in der Herstellung, im Unterhalt, im täglichen Leben sowie in der endgültigen Entsorgung.
Wie überall stellt sich zum Schluss auch hier noch die Frage nach den Kosten. Und neben der Anschaffung eines Elektrofahrzeuges sollte man sich unbedingt auch noch ein paar weitere Gedanken machen. Zum Beispiel: Wo installiert mir zu Hause der Elektrofachmann (und nur der!) meine Ladestation? Kaufe oder miete ich Batterien – Letzteres ist bei Renault möglich – und wie viel bin ich bereit, für den Klimaschutz auszugeben?
Auf der Webseite von e-mobile, einer unabhängigen Fachgesellschaft der Electrosuisse, erfahren Interessierte alles, was sie über Elektromobilität wissen möchten. Ebenfalls aufgeführt sind dort die öffentlichen Ladestationen. Die Tabelle zeigt eine Auswahl an Nutzfahrzeugen mit Elektroantrieb.
Veröffentlichung: 20. Mai 2018 / Ausgabe 20/2018
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