Modular effizient bleiben


Eine komplett neue Anlage geht ins Geld. Einzelne Elemente können aber in fast jeder Anlage nach-gerüstet werden.
Eine komplett neue Anlage geht ins Geld. Einzelne Elemente können aber in fast jeder Anlage nach-gerüstet werden.
Lackierraum. Die Kosten in der Oberflächenbehandlung sind zu hoch, oder die Qualität stimmt nicht? Mit modularen Massnahmen kann man kostengünstige Verbesserungen bewirken, ohne die ganze Infrastruktur auf einen Schlag neu kaufen zu müssen.
Die Ansprüche an die Oberflächenqualitäten steigen: VOC-Abgaben, Umstellung auf Wasserlack, Probleme mit dem Lacklieferanten oder schlicht fehlendes Personal – Gründe, die Oberflächenbehandlung nicht mehr in der eigenen Schreinerei auszuführen, gibt es viele.
Ein Beispiel einer Schreinerei, die sich entschieden hat, ihre Teile extern lackieren zu lassen, ist in der Box auf der nächsten Seite aufgeführt. Ob sich das Auslagern der Oberflächenbehandlung für eine Schreinerei lohnt, soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Dies muss letztendlich jeder Betrieb anhand seiner Kennzahlen selber kalkulieren. Und Inhalte zu allen Oberflächenbelangen und somit auch zur Planung werden in Weiterbildungen wie zum Beispiel dem soeben gestarteten Lehrgang «Oberflächenspezialist/in» am BWZ-Lyss vermittelt.
Viel wichtiger ist die Frage, wie der Schreiner seinen Oberflächenbereich verbessern und effizienter gestalten kann, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Raphael Oswald von der Neuen Protechnik AG im aargauischen Neuenhof ist sich bewusst: «Nicht jede Schreinerei kann oder will in eine komplett neue Lackieranlage investieren.» Denn in den letzten Jahren mussten viele Betriebe bereits einiges in neue CNC-Maschinen oder Späneabsaugungen stecken. Hinzu kommt, dass man früher mit einer einfachen Absaugwand für 5000 bis 10 000 Franken gut bedient war. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen beginnen die Preise bei komplett neuen Anlagen um die 40 000 Franken.
Eine solche Investition will gut überlegt sein und rechnet sich meistens erst, wenn ein gewisses Grundvolumen vorhanden ist. «Im Schnitt zwei bis drei Tage pro Woche sollte die Kabine schon in Betrieb sein, damit es sich lohnt», sagt Raphael Oswald.Eine Alternative zum umfassenden Neubau der Spritzkabine stellt deshalb die sukzessive Verbesserung und Erweiterung dar. So können auch ältere Anlagen mit geringem Aufwand länger in Betrieb bleiben, oder man kann Schritt für Schritt eine neue aufbauen. Wichtig dabei ist, dass der ganze Prozess vorausschauend geplant wird, damit künftige Module kompatibel sind.
Weit verbreitet ist beispielsweise die Situation, dass sich eine bestehende Absaugwand mitten in der Werkstatt befindet. Die Problematik dabei ist bekannt, es besteht die Gefahr von Staubeinschlüssen, der Rest der Werkstatt wird mit Lackdämpfen belastet und es gibt keine kontrollierte Luftführung. «In diesem Fall ist das Abtrennen des Lackierbereiches vom Rest der Werkstatt der erste Schritt», sagt Raphael Oswald.
Zwar erfolgt dann die Frischluftzufuhr nach wie vor über den Werkstattbereich, aber es gelangt dennoch weniger Staub in die Kabine. Und mit diesem Schritt wird die Grundlage für weitere Optimierungen gelegt. Deshalb müssen bereits in diesem Moment Plätze, Kanäle und Anschlüsse für spätere Installationen vorgesehen werden.
So lässt sich die Anlage nachträglich auf Umluftbetrieb umrüsten. Dabei wird ein Teil der abgesaugten und gefilterten Luft wieder in die Kabine zurückgeführt. Der Frischluftanteil gelangt nach wie vor über die Werkstatt in den Lackierraum. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass der Unterdruck in der Kabine gesenkt und in den Wintermonaten weniger warme Werkstattluft nach draussen geblasen wird. Selbstverständlich muss im Umluftbetrieb darauf geachtet werden, dass die Vorschriften bezüglich Gesundheits- und Explosionsschutz eingehalten werden.
Der nächste Schritt wäre dann beispielsweise der Einbau einer Frischluftzufuhr. So gelangt frische und saubere Luft von draussen in die Lackierkabine, und man kann einen leichten Überdruck erzeugen, wodurch kein Schmutz mehr in die Kabine gesogen wird. Allerdings besteht so das Problem, dass in den Wintermonaten zu kalte Luft in die Kabine gelangt, was wiederum negative Auswirkungen auf die Qualität und auf den Mitarbeiter hat. In diesem Fall kann man über eine Steuerklappe wieder auf einen Anteil Umluft oder Werkstattluft umstellen, um ein zu tiefes Absinken der Temperatur zu verhindern.
Dies hat zwar zur Folge, dass wieder ein Unterdruck entsteht und tendenziell mehr Staub in die Kabine gelangt. «In den meisten Regionen liegt die Aussentemperatur aber ohnehin nur wenige Wochen pro Jahr massiv unter dem Gefrierpunkt», sagt Oswald. Wenn eine Schreinerei dann sowieso nur maximal an zwei Tagen pro Woche lackiert, fällt dies kaum ins Gewicht.
Eine weitere Ausbaustufe wäre dann die Investition in eine Wärmerückgewinnung (WRG). Mittels eines Wärmetauschers wird die kalte Frischluft durch die warme Abluft erwärmt. Dadurch kann man im Winter den Werkstattluftanteil und somit die Heizkosten weiter senken. Gemäss Oswald ist es dadurch möglich, auch ohne Anschluss an die Heizung effizient und hochwertig zu lackieren. «Nimmt das Lackiervolumen aber zu, kommt man irgendwann nicht mehr darum herum.»
Das wäre der letzte und unter Umständen auch der kostspieligste Ausbau. Denn Heizungsrohre, Verteiler, Umwälzpumpen und Steuerungen gehen ins Geld. Insbesondere wenn der Heizkessel nicht genügend Leistungsreserven für das Erwärmen der Frischluft hat und ebenfalls ersetzt werden muss.
Wichtig bei solchen Massnahmen ist, dass man vorgängig mit den entsprechenden kantonalen Ämtern das Gespräch sucht und schriftliche Genehmigungen einholt. Denn je nach Kanton gibt es noch zusätzliche Vorgaben bezüglich Energieeffizienz, Gesundheits- und Umweltschutz. So lassen sich böse Überraschungen vermeiden, und man kann auch Kosten sparen. «Unter bestimmten Voraussetzungen kann man zum Beispiel gewöhnliche Deckenlampen ohne Explosionsschutz einbauen», sagt Raphael Oswald. Aber es gibt auch zahlreiche weitere Optimierungen, die der Schreiner ohne Weiteres umsetzen kann. Ein einfacher Bodenrost im Lackierbereich erhöht beispielsweise die Arbeitssicherheit, erleichtert die Reinigung und verhindert ein Aufwirbeln vom Staub am Boden. Denselben Effekt hat das Abdecken der Kabinenwände und Gerätschaften mit antistatischer Folie oder das konsequente Tragen eines Overalls. Zeit sparen lässt sich ebenfalls durch den Einsatz einer Waschmaschine für die Lackierpistole und das Zubehör sowie der dazugehörigen Entsorgungstechnik. «Natürlich kosten solche Hilfsmittel ebenfalls Geld», räumt Oswald ein. Auf längere Sicht könne man so aber die Oberflächenqualität und die Effizienz steigern. Dies hat einen direkten Einfluss auf die Kosten im Oberflächenbereich und erlaubt es dem Schreiner, diese Kompetenz auch weiterhin in der eigenen Werkstatt zu halten.
www.protechnik.chFür kleine Schreinereien stellt oft auch fehlender Platz ein Handicap im Oberflächenbereich dar. Dies ist auch bei der Schreinerei Neuenschwander AG in Langenthal BE der Fall. Man habe zwar nach wie vor eine kleine Absaugwand für das Lackieren von einzelnen, kleineren Teilen. «Grössere Aufträge lassen wir aber nur noch bei der Lanz-Fronten AG in Roggwil beschichten», erzählt Geschäftsführer Martin Bircher. Und dies, obwohl einer der insgesamt vier Mitarbeiter gerne und hochwertig lackiert. Ausschlaggebend war ein Auftrag, der unter anderem 20 Türen umfasste. Bircher hat verschiedene Möglichkeiten durchgerechnet, um die Teile trotzdem in der eigenen Werkstatt lackieren zu können. Alle scheiterten am fehlenden Platz. «Insbesondere bei den Türen ist das Handling auf so kleinem Raum einfach zu umständlich und das Risiko von Lackfehlern zu gross», sagt Martin Bircher. Und dies, obwohl der Transport nach Roggwil und zurück inklusive Verladen etwa drei Mannsstunden in Anspruch nahm.
www.neu-ag.chwww.lanzfronten.chVeröffentlichung: 02. März 2017 / Ausgabe 9/2017
Biozidfreie Beschichtung. Lange galt «Viel hilft viel», doch inzwischen weiss man es besser. Um Holz zu schützen, braucht es keine Biozide, sondern Schutz vor Durchfeuchtung. Genau da liegt der Hund begraben: Keine Beschichtung schützt dauerhaft, ob mit oder ohne Gift.
mehrPraxistest. Wenn es um die Materialwahl geht, schlägt das Schreinerherz von Fachredaktor Sven Bürki stark für Massivholz. MDF- oder Spanplatten sind in seiner privaten Werkstatt kaum zu finden. Wenn es doch einmal ein Plattenwerkstoff sein soll, ist Sperrholz die erste Wahl. So auch beim letzten Projekt des Möbelschreiner-Weltmeisters von 2017. Für das Finish der Oberfläche hat er sich an ein für den Schreiner unübliches Material herangewagt – eine selbstklebende Möbelfolie.
mehrPaidPost. Beim traditionsreichen Unternehmen Gross Fenster + Türen GmbH in Salzweg bei Passau (D) hat Range + Heine aus Winnenden (D) kürzlich die horizontale Flutanlage für die Grund- und Zwischenbeschichtung von Holzteilen modernisiert und erweitert.
mehr