Möbel aus dem Restholz

Einfach und robust, aber trotzdem charaktervoll sind die Möbel im Campus Schwarzsee. Bild: Hansueli Schärer

Holzbautag.  In Biel stellten Architekten und Holzbauer am Holzbautag den Erweiterungsbau am Campus Schwarzsee vor. Ein Detail fiel besonders auf: Die Möbel für das Ausbildungszentrum für Zivildienstleister wurden eigens kreiert und aus dem Restholz geschreinert.

Freiwillig ist eigentlich keiner hier – trotz bester Lage am Ufer des Schwarzsees mit Sicht auf die Freiburger Voralpen. Der Campus Schwarzsee dient seit dem Erweiterungsbau 2016 als nationales Ausbildungszentrum für alle Zivildienstleistende.

Nach Pflichtenheft werden die Zivis aufgeboten, um hier ihre Kurse zu besuchen: 10 000 Zivildienstleistende jährlich werden in der Pflege von betagten Menschen unterrichtet, auf einen Auslandeinsatz vorbereitet oder sie lernen den korrekten Umgang mit der Kettensäge.

Vom Holzbau in den Innenausbau

Übernachtet wird in den zwei neuen Holzpavillons. Sie sind dreigeschossig mit einer Fläche von insgesamt 7000 Quadratmetern und komplett aus Holz. Die Innenwände bestehen aus sichtbaren Dreischichtplatten, die Fluchttreppe aus massiver Eiche und die Fassade ist mit Weisstanne verkleidet. Und die Möbel? Die Möbel liessen die Architekten aus dem beim Bau angefallenen Restholz schreinern.

Das Budget für das Mobiliar war vorgegeben. Mehr aber auch nicht. Und statt das Geld «an internationale Möbelketten weiterzureichen», nutzten die Architekten und Holzbauer die Möglichkeit, etwas Eigenes zu kreieren. Gesamtdienstleister ist das Luzerner Unternehmen Schaerholzbau AG aus Altbüron LU, das gemeinsam mit den 0815 Architekten, tätig in Biel und Freiburg, die beiden Holzpavillons plante und umsetzte. Am Holzbautag in Biel berichteten der ausführende Architekt Oliver Schmid und Walter Schär, der Inhaber der Schaerholzbau AG, über das Bauprojekt.

Die Möbel in der eigenen Schreinerwerkstatt zu bauen, bedeutet für Schaerholzbau auch, zusätzliche Wertschöpfung zu generieren. Die schiere Menge – über 600 Betten und über 300 Tische und Stühle wurden für den Campus benötigt – machte es möglich, die Einrichtung günstig zu produzieren. Robust und funktional sollten die Möbel für das Zentrum werden. Nur wenige Tage verbringen die Besucher jeweils im Ausbildungszentrum, deshalb stellten sich auch keine komplizierten ergonomischen Ansprüche an die Einrichtung.

Nachbauen erwünscht

Stefan Dubi ist ausgebildeter Schreiner und arbeitet als Architekt bei 0815 Architekten in Freiburg. Als es daran ging, erste Prototypen zu fertigen, wurde Dubi mit der Aufgabe betraut. Mit Handkreissäge und Stichsäge fertigte er die Testmodelle. «Ausprobieren, bis es passt, war besonders beim Stuhl wichtig», erzählt Dubi. Möglichst wenig Verschnitt sollte anfallen und das Modell so einfach sein, dass jeder den Stuhl nachbauen kann. Denn in der Unterkunft würde auch mal grob mit dem Mobiliar umgegangen. Nehme das Mobiliar Schaden, sollen es die regionalen Schreinereien nachbauen können, erzählt Dubi.

Schneller entscheiden mit Modell

Bevor die finalen Pläne umgesetzt wurden, baute Schaerholzbau ein Zimmer 1:1 mitsamt den Möbeln als Mockup auf. Denn nur mit Zeichnungen und Visualisierungen dauere es manchmal Wochen, bis Entscheide gefällt würden. Doch kann man tasten, sehen, riechen, braucht es keine grossen Erklärungen mehr. Die Modelle gefielen der Bauherrschaft und wurden danach beim Holzbauer effizient auf der CNC-Anlage produziert. Eine Dreischichtplatte reicht aus, um damit acht Stühle zu bauen, dazu ein paar Schrauben, etwas Leim und fertig ist die Sitzgelegenheit. Das Bett – eine einfache Platte mit Löchern versehen – kann direkt an Wand und Schrank befestigt werden und ist im Nu montiert.

Die Einrichtung passt zum Bau. Funktional und doch wohnlich wirken die Zimmer. Und sogar bis zum Handtuchhalter wurde der unzimperliche Umgang der Benutzer berücksichtigt. Vom Metallbauer günstig und in guter, robuster Qualität gefertigt, halten sie mehr als nur das Badetuch aus. Den «Drauflehnen-Test» haben sie jedenfalls bestanden.

www.0815architekten.chwww.schaerholzbau.ch

ho

Veröffentlichung: 31. Mai 2018 / Ausgabe 22/2018

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