Möbel wie alte Freunde

Die begehbare Wohnhaussimulation «Das Haus» spielte als Sonderschau mit der Kombination trendiger Produkte und schuf so erlebbare, einzigartige Raumsituationen. Bilder: SZ, Andreas Brinkmann

Möbelmesse.  Die diesjährige Ausgabe der Internationalen Möbelmesse in Köln ist Geschichte. Vom 18. bis 24. Januar suchten rund 100 000 Fachbesucher aus 128 Ländern nach den möglichen Trends der kommenden Monate – Lifestyle, der beschäftigen wird.

Als sich am 24. Januar spätnachmittags die Tore der Internationalen Möbelmesse in Köln, der IMM Cologne, schlossen, hatten sich in den Tagen zuvor rund 80 000 Fachbesucher Produkte von 1185 Unternehmen angesehen. Am publikumsoffenen Wochenende sind dann noch zusätzlich rund 20 000 interessierte Menschen durch die elf Hallengebäude gestreift und haben sich von den aktuellen Einrichtungsideen inspirieren lassen. Von den 50 teilnehmenden Ländern war die Schweiz mit 38 Herstellerbetrieben das am fünftstärksten vertretene ausländische Ausstellerland.

Der Verband Möbel Schweiz hatte am zweiten Tag verschiedene Pressevertreter eingeladen und über die Entwicklung im schweizerischen Möbelmarkt informiert. Abgesehen vom starken Franken hat sich auch das Kaufverhalten in den letzten Jahren verändert, was die Branche geprägt hat. Der Einkaufstourismus sowie die Orientierung im Internet verlangen zudem nach neuen Ausrichtungen. Eine klare Positionierung wird für Hersteller und Händler wichtiger. Die gesamte Einrichtung wird nicht mehr als längerfristige Investition betrachtet, dafür soll sie umso individueller wirken.

Lebensgefühl im Wandel

Wie man sich einrichtet, ist immer auch ein Spiegel des sozialen Lebens einer Zeit. Was gibt also so eine grosse Messe, an der sich Fachbesucher aus 128 Ländern orientieren, an Inputs? Durch alle Bereiche hindurch fällt auf, dass erstaunlich viele Möbel an Entwürfe aus den letzten 40er- bis 60er-Jahren erinnern. Diese Möbel haben einen hohen Individualcharakter. Sie wecken Erinnerungen, die nicht einmal eigene sein müssen. Die eher filigranen und etwas kleineren Stücke können in der Regel gut zu bestehenden Programmen dazugestellt werden. Das führt zu einzigartigen Kombinationen und einer hohen Varia- tionsfähigkeit der Einrichtung. So entsteht eine Individualität durch die persönliche Zusammenstellung verschiedener Elemente, die auch Änderungen problemlos mitmacht. Die Möbel sollen das Leben begleiten, immer ein Zuhause bilden – aber möglichst nicht belasten.

Natürlich und mit Charakter

Der Lebensnerv des sozialen Wohngefüges sind die Möglichkeiten des geselligen Zusammensitzens. Dies zeigt sich beispielsweise in sesselartigen Stühlen, die zum Verweilen am Esstisch einladen. Auch Kleinmöbel wie Beistelltische oder spezielle Tabletts, die auf die Polstergruppe gelegt werden können, begünstigen diese Lebenshaltung. Der Mix von Materialien und Formen ist dabei wichtig.

Nach wie vor wurden an der Messe vor allem sehr viele dunkle Hölzer gezeigt – aber nicht nur. Die natürlichen Materialien Holz, Glas, Stein und Metall sollen in den neuen Produkten wirken und ihre ganz speziellen Vorteile auch ausspielen. Metall kommt zurückhaltend, filigran und sehr oft deckend lackiert zum Einsatz. Holz und Stein zeigten dafür Charakter durch starke Maserungen und dezente Strukturfräsungen. Beistell- tische mit über die Fläche vorstehenden Kanten, wurden bei sehr vielen Anbietern gezeigt.

Gedeckte natürliche Farben

Gerade natürlich für den Schreiner sehr schön waren die vielen Modelle, die Holz bewusst gezeigt haben. Selbst bei den Herstellern von Polstermöbeln wurden vermehrt Sichtgestelle oder mindestens Zu- behörmöbel in Massivholz ausgestellt. Trendige Polsterstoffe zeigen gerne klare, einfache, dafür ruhig auch mal gröbere Webstrukturen.

Die Farben deckend behandelter Oberflächen orientieren sich bei vielen Anbietern an eher gedeckten Naturtönen. Leuchtende Farben waren daher wenig anzutreffen. Das Spiel mit den Oberflächenstrukturen im Lack und den entsprechenden Glanzgraden ist wichtig. Auch mit der unnachahmlichen Haptik geölter Hölzer im Verbund mit anderen Materialien wie etwa Leder wird eine intensive Wirkung in die durchaus schlicht wirkende Formensprache gebracht.

Kubisch mit Schwung

Nach wie vor dominieren kantige, kubische Möbel im Schrank- und Regalbereich. Immer mehr kommen aber auch da leichte Anklänge von Formen hinzu, wie die wechselnd schräg stehenden Regalmittelwände bei Ligne Roset. Die Firma Wogg aus Baden AG zeigte dafür, dass auch feine Rund- rohrgestelle harten kubischen Formen zu einem weicheren Ganzen verhelfen können. Filigrane, korpusartige Tischplatten kommunizieren mit den passenden Regalelementen. Bei den Stühlen schaffen bogenförmige Rückenteile, die in die Armlehnen übergehen, schon optisch einen bequemen Eindruck. So gesehen etwa beim Glarner Hersteller Horgenglarus. Ganz im Gegenzug zu den Kanten kommen aber auch wieder weiche Formen mit fliessenden Übergängen zum Zug. Die luzernische Tisch & Stuhl Willisau AG zeigte ein neues Stuhl- und Tischmodell, dessen fliessende Formen erst im Kontrast zum kantigen Korpussystem der Firma richtig zu Geltung kommen. Girsberger aus Bützberg BE geht mit seinem gepolsterten Esssessel in dieser Grundform noch weiter. Das Sichtholzgestell aus rund profilierten Seitenteilen ermöglicht durch den Einsatz von teildurchsichtigem Netzstoff im Rücken eine optische Weiterführung der Rahmenwirkung.

Formen, die man anfassen will

Nicht nur bei Sitzmöbeln waren diese herstellungstechnisch recht anspruchsvollen runden Formen anzutreffen. Gerade Klein- und Beistellmöbel zeigten sehr eigenständige und ansprechende Wirkungen. Die Whiteoak Group AG aus Dübendorf ZH hat sich beispielsweise solchen Massivholzarbeiten verschrieben und zeigte verschiedene entsprechende Modelle. Anders der Schubladenturm der dänischen Naver Col-lection: Alleine das verdrehte Stapeln der Elemente mit den farbigen Schubladen, deren runde Seitenkanten in die Innenrundungen der Kästchen aus Massivholz passen, unterstreicht die Wertigkeit.

Erweiterter Ausstellerzugang

Die Möbelmesse in Köln ermöglicht neben vielen grossen und bekannten Herstellern immer mehr auch kleineren Unternehmen, ihre Produkte im richtigen Umfeld zu zeigen. Dies hat zu einer zusätzlichen Bereicherung bei den herrschenden Trendmöbeln geführt.

www.koelnmesse.chwww.ligne-roset.dewww.wogg.chwww.horgenglarus.chwww.willisauag.chwww.girsberger.comwww.whiteoak.chwww.navercollection.dkwww.tononitalia.comwww.mox.chwww.moebelschweiz.ch

ab

Veröffentlichung: 04. Februar 2016 / Ausgabe 5/2016

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