Prävention ist alles


Hat sein Werkzeug im Griff: Nam Lim, Monteur bei der Schreinerei Winkler in Adliswil ZH. Bild: Andreas Reinhart


Hat sein Werkzeug im Griff: Nam Lim, Monteur bei der Schreinerei Winkler in Adliswil ZH. Bild: Andreas Reinhart
Baustellendiebstahl. Vom Schraubenzieher über fertige Küchen bis hin zum Bagger wird auf Baustellen alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist. Kleinwerkzeuge gehen auch gerne mal verloren oder werden unbeabsichtigt mitgenommen. Was Schreiner tun können, um ihr Werkzeug zu schützen.
Es ist bitter: Da macht der Chefmonteur seine abendliche Kontrollrunde auf der Baustelle. Will überprüfen, ob die Monteure ihre Werkzeuge planmässig im eigens eingerichteten Magazin versorgt haben, und dann das: Die Werkzeuge sind vorschriftsgemäss versorgt, dafür wird dem Chefmonteur in den zehn Minuten, die er für seinen Rundgang braucht, der Lieferwagen komplett ausgeräumt.
Situationen wie diese sind keine Einzelfälle auf Schweizer Baustellen. Zwar sind sowohl die Anzahl der gemeldeten Einbruch- und Diebstahldelikte wie auch die Gesamtdeliktsumme stark rückläufig. Laut der Zürcher Kantonspolizei wurden 2010 432 Einbrüche auf Baustellen gemeldet; 2015 waren es noch 281. Die Deliktsumme ist in dieser Zeit von knapp drei auf etwas mehr als eine Million Franken gesunken. Und doch tut Prävention Not – gerade für Handwerkerbetriebe wie Schreinereien, die in der Regel mit kleinerem Gerät unterwegs sind, welches auch einfacher und unauffälliger entwendet werden kann.
Umso mehr geht es also darum, Diebstähle zu verhindern oder es den Dieben zumindest so schwer wie möglich zu machen. «Gerade bei längeren Montagen ist es mühsam und kostspielig, wenn man jeden Tag das Werkzeug nach Hause nehmen muss», sagt Peter Stoop, Geschäftsführer der Schreinerei Winkler in Adliswil ZH. «Wir lösen es bei grösseren Baustellen häufig mit einer Baustellenkiste, die wir abschliessen können, oder wir binden eine Kette mit Vorhängeschloss um unser Werkzeug. Bei Schrankmontagen schliessen wir es in den neuen Schränken ein.» Wichtig sei, dass das Werkzeug nicht lose und unbeaufsichtigt herumliege, da es sonst schnell einmal bei einem Gelegenheitsdiebstahl verschwinde, so Stoop.
Bei Dietsche Montageprofis setzt man ebenfalls auf Umsicht – und auf schweres Gerät: «Als erste Priorität wird auf jeder Baustelle ein Magazin eingerichtet, in dem das Material jeden Abend versorgt werden kann», erklärt Monika Koller von Dietsche. «Insbesondere Laser, Akkubohrmaschinen, Leitern und solche Sachen kommen am ehesten weg. Am Abend wird vom Chefmonteur eine Kontrollrunde durchgeführt, ob Material liegen geblieben ist. Zudem verfügt jeder Monteur über eine abschliessbare Montagekiste, die alles Material enthält. So eine Kiste wiegt bis zu 300 kg und kann nicht so leicht abtransportiert werden.» Ihre Monteure würden regelmässig geschult und für das Thema sensibilisiert, so Koller weiter.
Eine Alternative zu abschliessbaren Montagekisten ist ein abschliessbarer Montagewagen, wie ihn etwa Würth anbietet. Für Schreiner, die mit eher leichtem Gepäck unterwegs sind, reicht allenfalls schon eine Werkzeugkiste mit Vorhängeschloss (z. B. von Allchemet). Oder man hievt – falls ein Kran zur Hand ist – zwei Container Tür an Tür aneinander und lässt sie so über Nacht stehen. Die ganz brachiale Lösung – man packt Werkzeuge und Maschinen in einen Container und zieht diesen am Baukran über Nacht ein paar Meter in die Höhe – ist dagegen weniger zu empfehlen, da die meisten Kranhersteller in einem solchen Fall jegliche Haftung ablehnen.
Auch beim Baumeisterverband ist man sich bewusst, was auf Baustellen alles wegkommt: «Die Bandbreite der gestohlenen Gegenstände ist gross. Gestohlen wird eigentlich alles: Werkzeuge, Material wie Kupfer, aber auch grosse Maschinen wie Bagger», sagt Sprecher Matthias Engel. «Deshalb ist es heute üblich, dass Baustellen videoüberwacht werden. Doch aufgepasst: Das Überwachungssystem sollte nur das eigene Gelände filmen und während den Arbeitszeiten nur klar definierte Baustellenbereiche in den Fokus nehmen, damit bei den Bauarbeitern nicht der Eindruck einer Verhaltensüberwachung entsteht. Zudem gehört an den Eingang der Baustelle zwingend eine Tafel, die auf die Kameras hinweist.»
Da die Dichte an Akademikern und Bürokräften unter den Baustellenräumern eher gering sein dürfte, ist wohl davon auszugehen, dass sich einige von ihnen handwerklich zumindest nicht gänzlich ungeschickt anstellen. Es empfiehlt sich deshalb, nicht jahrelang auf die gleichen Abwehrmassnahmen zu setzen. «Zudem sollte man wichtige Schlüssel nie bei einem Fahrzeug verstecken, sondern einem Mitarbeiter mit nach Hause geben», sagt Engel. Und fügt an: «Viele Diebstähle finden tagsüber statt. Wenn neue Arbeiter auf die Baustelle kommen, sollte sofort abgeklärt werden, ob sie wirklich zum Baustellenpersonal gehören. Die Bauarbeiter sollten auch dann aufmerksam sein, wenn grosse Maschinen oder Einbauküchen verladen werden – vielleicht sehen die Bauarbeiter gerade einen Diebstahl, nehmen ihn aber nicht als Diebstahl wahr.»
Es ist ja nun nicht so, dass alle vermissten Gerätschaften auf dem Bau zwingend gestohlen worden sind – vieles wird auch schlicht und einfach verhühnert oder von einem anderen Handwerker unbeabsichtigt eingepackt. Hier kommt die Näf Service und Maschinen AG in Herisau AR ins Spiel bzw. deren Entwicklung, die «Finderbox». Per NFC-Transponder, der an der Maschine angebracht wird, kann jedes Gerät über die entsprechende Verwaltungssoftware verfolgt werden, auch mobil per App. Zudem können in der Finderbox Wartungsprotokolle, Rechnungen oder Fotos hinterlegt werden. In eine ähnliche Richtung zielt Bosch mit seinem Connectivity-System bzw. der Toolbox-App, bei der via Bluetooth wichtige Gerätedaten aufs Smartphone gesendet werden können. Und nächstes Jahr wird Bosch auch in der Schweiz «Track my Tools» einführen, eine Bestandsmanagement- Software, die sich im Moment in Deutschland in der Pilotphase befindet. Man kann es sich aber auch einfacher machen – mit einer Art Versicherung: Milwaukee, Bosch und Festool bieten unter gewissen Umständen, etwa nach dem Abschluss einer Spezialgarantie, ein günstigeres Neugerät nach einem Diebstahl. Hier empfiehlt es sich aber, genau nachzurechnen, ob sich die Kosten für diese Garantie denn auch lohnen. Apropos Festool: In den USA haben sich die Festool-Nutzer zu einer Gruppe zusammengeschlossen, auf deren Website verdächtige Maschinen gemeldet werden können, wenn sie etwa auf Ebay auftauchen (festoolownersgroup.com).
Hilti begegnet Diebstahl bzw. Verlust einerseits innerhalb ihres Flottenmanagements, bei dem der Diebstahlschutz integriert ist, andererseits mit der Verwaltungssoftware «Hilti ON!Track». Hilti setzte bis vor einigen Jahren auf das Diebstahlschutz-System «TPS», welches wie eine Art Wegfahrsperre funktionierte. Das System wurde aber wegen der relativ komplizierten Anwendung nicht zum Renner und somit eingestellt.
Maschinen mit Bluetooth-Ortungsfunktion, wie sie etwa Milwaukee anbietet und die bei anderen Herstellern ebenfalls langsam, aber sicher auf dem Radar erscheinen, sind sicherlich eine gute Sache, wenn es darum geht, eine Maschine in einem Umkreis von wenigen Metern zu orten. Also innerhalb der Baustelle. Wenn es aber um das Thema GPS-Ortung von Maschinen und Geräten geht, sind die Meinungen geteilt: Natürlich ist es möglich, einen Sender in ein Werkzeug einzubauen, mit dem sich gestohlene Geräte auch über grosse Distanzen orten lassen. Nur: Wer reist schon einer Bohrmaschine nach, auch wenn er weiss, wo sie ist? Und wie zügig die Polizei in einem fremden Land wegen einer Kappsäge ausrückt, ist ebenfalls fraglich. Der Einsatz von Ortungsgeräten sei beim Abschluss einer Versicherung denn auch nicht prämienrelevant, teilt etwa die Generali mit. Bei der Axa tönt es ähnlich: Dort begrüsst man zwar alle Massnahmen, die zur Wiederbeschaffung des Diebesguts beitragen können – einen Einfluss auf die Versicherungsprämie hat es aber auch bei der Axa nicht.
Vonseiten der Helvetia-Versicherung kommen weitere Bedenken dazu: «Wie kann zum Beispiel sichergestellt werden, dass ein Dieb die GPS-Ortung nicht einfach entfernt? Bei Kleingeräten ist dies wohl einfach möglich», sagt Jonas Grossniklaus von der Helvetia. «Ebenso wäre zu klären, wie im Schadenfall vorzugehen ist, falls kein Signal geortet werden kann – insbesondere falls die GPS-Ortung mit einer tieferen Prämie verbunden wäre.» Weitere Informationen gibts in der Broschüre «Diebstahl! Kein Ärger auf Ihrer Baustelle», die der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) im Oktober 2016 veröffentlicht hat.
Auf der Homepage des SVV können auch alle wichtigen Details zur Bauwesenversicherung eingesehen werden.
www.svv.chwww.finderbox.chwww.bosch.chwww.wuerth-ag.chwww.allchemet.chde.milwaukeetool.euwww.festool.chwww.hilti.com
Organisatorische Massnahmen:
Technische Massnahmen:
Personelle Massnahmen:
Nach einem Diebstahl soll umgehend die lokale Polizei informiert werden (Tel. 117). Fahndungsdaten zum Diebesgut wie Hersteller der Geräte, Typ (Fahrzeug/Geräteart), Seriennummer, Kennzeichen oder Motornummer bekanntgeben.
www.kapo.zh.chVeröffentlichung: 23. März 2017 / Ausgabe 12/2017
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