Steter Tropfen erhält das Holz

Das grossflächige Seifen erzeugt hell und freundlich wirkende Räume wie in diesem Kindergarten. Bild: Thymos AG

Seifen und Laugen.  Die Oberflächenbehandlung mittels Seifen trifft den Nerv der Zeit. Das Verfahren erhält den Charakter von Holz, schützt und pflegt es bei jeder Reinigung mit Seife. Eine dauerhafte Aufgabe, weshalb bekannt sein sollte, worauf man sich dabei einlässt.

In so manch rustikaler Beiz ist es immer wieder zu beobachten: Gäste streichen mit beiden Händen genüsslich über die Tischplatte. Schreiner sowieso, aber in diesem Fall auch andere. Denn es handelt sich dann meist um einen Tisch aus massivem Ahorn, über viele Jahre mit geseifter Oberfläche «gereift». Das fasst man einfach gerne an. Auffallend hell, stumpfmatt weisslich, und fast wie roh wirkt das Holz, als ob es eben erst feingeschliffen worden wäre. Dabei fühlt auch der Laie, dass dem nicht so ist. Fast könnte man meinen, dass die Handflächen durch das intensive Berühren leicht fettig werden, aber ganz dezent, nicht unangenehm, im Gegenteil. Das ist die Welt der geseiften Holzoberflächen.

Im Norden üblich

Lange Tradition besitzt das Laugen und Seifen von Holzoberflächen in den skandinavischen Ländern. Und dies längst nicht nur für Nadelholz-Parkettböden, sondern auch im Möbelbau und für viele andere Holzarten. Das dänische Traditionsunternehmen Carl Hansen bietet einige Modelle an Tischen und Stühlen mit geseifter Oberfläche in Eiche, Buche oder Esche an. Dort ist es üblich, dass Möbel wahlweise lackiert, geölt oder eben geseift erhältlich sind.

In der jüngsten Vergangenheit hat sich das geseifte Finish weiter nach Süden verbreitet. An den einschlägigen Messen taucht es inzwischen öfter bei Möbeln und Parkett auf. So auch bei der Südtiroler Schreinerei Fliri. Das selbst produzierte Bodenparkett wird bevorzugt geseift, ebenfalls über viele Holzarten hinweg. Auch werden grossflächige Bauteile von Schweizer Holzbauern öfter mit Seife behandelt, dann meist in Fichte und Tanne. «Das Seifen von Holzoberflächen trifft den Nerv der Zeit, weil sie eine besondere Haptik aufweisen und es ein dankbares Verfahren ist», erklärt Daniel Ritter, Oberflächenspezialist für Holz bei der Thymos AG im aargauischen Lenzburg. Aber: Geseifte Oberflächen seien nur für den Kundentypus der natürlichen Behandlung mit Öl und Wachs interessant, nicht für solche, die grundsätzlich einen Lack bevorzugen. «Einem Kunden, der auf Fleckensuche geht, dem sollte man keine geseifte Oberfläche empfehlen», weiss Ritter.

Vorbehandlung mit Lauge

Wer seifen möchte, schleift die Oberfläche wie gewohnt, bei Möbeln mit 180er- bis 240er-Körnung, bei Böden und bei Holzbauteilen mit etwa 120er-Papier. Gebürstete und anders strukturierte Oberflächen werden ebenfalls wie gewohnt behandelt. Dann folgt ein besonderer Schritt, der aber nicht zwingend ist: das Laugen. «Durch den Auftrag der Lauge wird der sonst einsetzende, natürliche Vergilbungsprozess massiv reduziert», erklärt Rolf Kurth, Geschäftsführer der Ecovos AG im bernischen Worblaufen. Überhaupt geht es beim Seifen darum, das Aussehen des frisch geschliffenen, hellen Holzes durch die Behandlung dauerhaft zu bewahren. Dazu werden meist weisse Farbpigmente beigemischt, das kann schon in der Lauge erfolgen und setzt sich beim Seifen fort. Grundsätzlich können aber auch andere Farbpigmente beigemischt werden, was sich einige Parketthersteller auch zunutze machen, um besondere Farbeffekte zu erzielen.

Pinsel, Rolle oder bei grossen Flächen auch der Schrubber zum Auftrag der Lauge müssen säurebeständig sein, da sonst die Lauge das Material angreifen würde und es zu Farbreaktionen kommen kann. Das Tragen von Schutzbrille und von Handschuhen ist beim Umgang mit Laugen selbstverständlich Pflicht. Ein Nebeneffekt des Laugens ist das Aufstellen zuvor gedrückter Fasern, wie beim Wässern. Überschüssige Lauge wird eingerieben oder mit einem Lappen aufgenommen. Die Angaben zur Trocknungszeit reichen von wenigstens vier Stunden bis zu 24 Stunden, je nach Hersteller und äusseren Bedingungen. Nach dem Trocknen der Oberfläche verbessert ein leichter Zwischenschliff mit einem Pad oder mit feinem Schleifpapier die Güte der fertigen Oberfläche.

Für Nadel- und Laubhölzer werden unterschiedliche Laugen verwendet. Der Unterschied ist klein, aber fein. Der in Nadelholzlaugen enthaltene Kalk, wie etwa Sumpfkalk, wird bei der Laubholzlauge durch eine Säure, wie die Zitronensäure, ersetzt. «Kalklaugen für Nadelhölzer sind nicht kompatibel für Laubhölzer, die Gerbsäure enthalten. Sonst würde es chemische Reaktionen mit Verfärbungen im Holz geben. Wenn man Kalk etwa auf Eichenholz bringt, kommt es zu Reaktionen mit dunkler Färbung», sagt Ritter. Die «gekalkte Eiche» gehöre deshalb ins Reich des Marketings und habe mit der Realität wenig zu tun.

Ein fortwährender Prozess

Das Seifen erfolgt anschliessend mit gleichen Werkzeugen in derselben Art. Je nach Anspruch an die Oberflächengüte und je nach Belastung der so behandelten Flächen erfolgen drei bis fünf Auftragungen mit der Seife. Nach jeder Anwendung muss die Oberfläche erst trocknen – und ein Zwischenschliff mit geeigneten Pads verbessert das Ergebnis deutlich. Dabei wird die Oberfläche verdichtet und verfeinert. Die Seifenpräparate werden mit Wasser verdünnt, je nach Hersteller und Konzentration erfolgt dies nach den Anweisungen der jeweiligen Rezeptur.

Allen gemeinsam jedoch ist, dass ein Aufbringen von so viel Feuchtigkeit auf trockenes Holz zunächst ein ungewöhnlicher Vorgang ist. «Am Anfang ist das etwas befremdlich, aber das Wasser trocknet schnell ab, und man gewöhnt sich an das Verfahren und traut dem Holz immer mehr zu», sagt Henrik Schwalt von der Tischlerei Fliri. Auch dürfe man sich nicht täuschen lassen, da der Effekt am Anfang nur äusserst gering sei. Die Wirkung trete erst im Laufe der Zeit immer deutlicher hervor.

Im Alter besser

Je öfter geseift wird, desto dichter und widerstandsfähiger wird die Oberflächenbeschichtung mit Seife. Deshalb gilt die noch junge Seifenfläche gerade bei stark beanspruchten Böden bei so manchem Praktiker als Schwachpunkt im ganzen Prozedere. Bei Fliri begegnet man dieser Besonderheit mit einer Vorbehandlung. «Wir seifen die Bodendielen zweimal in unserem Werk. Nach dem Verlegen wird das Parkett dann vom Bodenleger noch zwei weitere Male geseift. Damit der Boden aber richtig schön und voll strapazierfähig wird, empfehlen wir, die Fläche rund zehnmal zu seifen», erklärt Schwalt. Dabei kann die Konzentration der Seifenemulsion abnehmen. Wird für die Oberflächenbehandlung mit Seife je nach Produkt noch ein Verdünnungsverhältnis von 1:5 bis 1:10 angegeben, so erfolgen Reinigung und Pflege des Holzes später mit einer Konzentration von lediglich etwa 1:40. Das heisst: In einem Eimer mit vier Litern Wasser werden lediglich 100 ml Holzseife hinzugefügt.

Als Alternative zum wiederkehrenden Pflegen mit Seife hat der Hersteller Naturhaus ein ergänzendes Produkt entwickelt, das den langdauernden Prozess des Seifens zu einem gewissen Abschluss bringen soll. Nach mehrmaligem Seifen wird das Mittel Premium Finish aufgetragen, was eine Konservierung darstellt und die Fläche dadurch Beanspruchungen schneller standhält als die lediglich geseifte Oberfläche. «Damit erreichen wir eine höhere Belastbarkeit von Seifenoberflächen auf stark beanspruchten Böden und bei Arbeits- sowie Tischplatten», erklärt Constanze Klaus vom Hersteller Naturhaus Naturfarben GmbH.

Jedem sein Rezept

Neben den Seifenpräparaten der Hersteller kann durchaus auch mit einer handelsüblichen Pflanzen- oder Kernseife gearbeitet werden. «Wichtig ist, dass es sich um eine rückfettende Seife handelt», erklärt Ritter. Nebst Schmier- oder Kernseife sind etwa die Korfuer Seife und die Marseiller Seife bekannte Vertreter zur Behandlung von Holzoberflächen. Beide sind rein pflanzlich und werden auch im Fachhandel, etwa vom Naturfarbenhersteller Kreidezeit, angeboten. Dann braucht es etwa 20 g Seife je Liter kochenden Wassers. «Wenn wir seifen, verwenden wir Kernseife. Damit ergibt sich eine fast roh wirkende, blasse, helle, samtige und stumpfmatte Oberfläche», erzählt Ralf Geckeler, Geschäftsführer der Tossa GmbH in Fischingen TG. Eigene Rezepte beim Seifen anzuwenden, ist noch deutlich einfacher als beim Öl, bei dem so mancher Möbelproduzent auch seine eigene Tinktur mischt. «Der Vorteil von Produkten der Naturfarbenhersteller ist einfach, dass diese erprobt sind und der Anwender so eine gewisse Sicherheit hat. Das heisst aber nicht, dass es mit einer anderen Seife nicht geht. Man muss dann einfach selbst ausprobieren», sagt Ritter. Gegenüber anderen Verfahren ist das Seifen damit auch eine wohl unereicht kostengünstige Variante, Holz dauerhaft zu pflegen und zu schützen.

Besonders deutlich und zugleich widersprüchlich fallen die unterschiedlichen Erfahrungen bei schwierigen, weil gerbstoffhaltigen Hölzern, wie der Eiche, Kastanie oder Robinie, aus. Während Geckeler vom Seifen der Eiche eher Abstand nimmt, weil es immer wieder zu Reaktionen und Verfärbungen kommt, macht man sich bei Fliri die Reaktionsfähigkeit für die Herstellung von Parkett zunutze. So verzichtet man bei Eiche auf das vorangehende Laugen wegen der Reaktionsintensität und setzt direkt eine leicht alkalische Seife dafür ein. «Durch das Seifen holt man die Gerbsäure aus dem Holz. Dadurch wird der geseifte Boden im Laufe der Zeit nicht gelblich, sondern bekommt eine leicht gräuliche Farbe», sagt Schwalt. Oberflächenspezialist Ritter bestätigt diese Beobachtung. «Die etwas alkalische Seife führt zu einer leichten Vergrauung bei Eichenholz. Diesen Effekt muss man beim Seifen solcher Hölzer einfach mit einplanen», sagt Ritter. Grundsätzlich gelte aber, dass ein vorangehendes Laugen der Hölzer die Reaktionen beim Seifen – etwa Farbveränderungen – abmildert. Unterschiedliche Erfahrungen beim Umgang mit eher heiklen Hölzern mag es auch deshalb geben, weil nicht jeder Hersteller zwischen Laub- und Nadelholzlauge unterscheidet. Bei manchen Produktlinien findet sich nur eine Lauge für Nadelhölzer.

Auftrag an Kunden

Je öfter und länger geseift wird, desto strapazierfähiger wird eine geseifte Oberfläche. Bis das so weit ist, hat der Kunde seinen Boden oder seinen Tisch längst in Benutzung und seine eigenen Erfahrungen mit Verunreinigungen und Fleckenbildung gemacht. Eine geseifte Oberfläche ist diffusionsoffen und kann so relativ schnell andere Stoffe aufnehmen, was zur Fleckenbildung führen kann. Dieser Umstand ist nicht für jeden Kunden gleichermassen geeignet. «Gerade in der Anfangsphase gibt es immer wieder Kunden, gerade bei Tischen, die unsicher werden, ob sie sich richtig entschieden haben. Dann muss man beruhigen, dranbleiben und etwas Zeit ins Land gehen lassen. Am Anfang ist es etwas heikel, aber die Schutzschicht stellt sich ein», erklärt Ritter. Des Schreiners Kunde muss also eine gewisse Durststrecke überstehen und hat dabei die Aufgabe, permanent zu reinigen und damit auch zu pflegen. «Flecken kommen schnell. Sie gehen durch das Reinigen mit Seife aber auch wieder weg», bestätigt Geckeler. Die Verunreinigungen wandern gewissermassen aus dem Holz wieder heraus. «Einzig Öl- und Fettflecken sind etwas hartnäckig. Aber im Laufe der Zeit gehen auch die mit dem Seifen wieder raus», sagt Schwalt. Der geseifte Boden im Büro des Betriebs werde täglich hoch frequentiert, auch mit Arbeitsschuhen der Mitarbeiter. «Wir nehmen den Boden einmal pro Monat feucht mit Seifenlauge auf. Das reicht, um das Parkett in seiner Schönheit zu erhalten», sagt Schwalt.

Zuvor geölte Holzflächen später mit Seife zu pflegen, das sollte man auf keinen Fall machen. Es gilt: entweder Ölen oder Seifen. Die Seife stellt chemisch gesehen zwar eine Verbindung von Basen mit fetten Säuren dar, doch löst ihre Alkalität das Öl. Sonst wäre das Händewaschen mit Seife nicht ganz so wirkungsvoll.

www.thymos.chwww.ecovos.chwww.fliri.itwww.naturhaus.netwww.tossa.ch

ch

Veröffentlichung: 18. Juni 2020 / Ausgabe 25/2020

Artikel zum Thema

08. Februar 2024

Oberflächen mit Eindruck

Dekore.  Selbst Fachleute müssen mittlerweile oft zweimal hinschauen, um zu erkennen, ob es sich um ein Holzdekor oder um echtes Holz handelt. Aber wie kommen die täuschend echten Oberflächen zustande? Die Schreinerzeitung hat bei den Herstellern nachgefragt.

mehr
08. Februar 2024

Präzise kontrollierte Beschichtungsnebel

Spritzverfahren.  Wenn Lacktröpfchen mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum rasen, brauchen sie einen guten Luftleitstrahl, um sicher am Ziel zu landen. Heutige Spritzverfahren müssen hohe Anforderungen erfüllen und Spitzenqualitäten ermöglichen.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Oberflächen