Stetig statt tief stapeln

Der Beschicker der Stuber Team AG ist noch direkt mit dem Maschinenständer verbunden. Die neuen «340er»-Modelle werden mit separater Führung ausgeliefert. Bild: SZ, Philipp Heidelberger

Automation.  Das Beschicken des Bearbeitungszentrums von Hand ist oft nicht sehr wirtschaftlich – und bei Serienteilen auch für den Maschinisten nicht sehr interessant. Die SchreinerZeitung hat deshalb zwei Schreinereien besucht, die sich für die Automatisierung entschieden haben.

Es ist noch nicht sehr lange her, da haben CNC-Bearbeitungszentren (BAZ) grosse Veränderungen in die Schreinereien gebracht. Standardmaschinen, die in ähnlicher Form schon seit fast einem Jahrhundert in den Werkstätten zum Einsatz kamen, verloren schlagartig an Bedeutung. In einigen Betrieben ist diese Entwicklung noch nicht richtig abgeschlossen – und bereits bahnt sich der nächste Schritt an: Die automatische Beschickung des BAZ.

Verschiedene Schreinereien haben in den letzten Jahren diesen Schritt gemacht oder stecken mitten in der Umsetzung. Dazu zählen aber nicht nur Grossbetriebe, auch mittlere und kleine befassen sich mit der Thematik.

Roboter zu teuer

Seit rund dreieinhalb Jahren ist bei der Stuber Team AG in Rotkreuz ein Bearbeitungszentrum mit automatischer Beschickung im Einsatz. Die Zuger Schreinerei war damals dabei, einen Ersatz für das zwölf Jahre alte BAZ zu evaluieren. Um die Kapazitäten zu steigern, stand kurzzeitig auch eine zweite Maschine zur Diskussion. Aufgrund der Kosten und des Platzbedarfes wurde dieser Plan aber schnell wieder verworfen. Die Beschickungsart hingegen war zu Beginn kaum ein Thema. Während der Evaluation kristallisierte sich jedoch heraus, dass die Beschickung von Hand zu viele unproduktive Stunden generiert. «Auf dem Papier sieht es zwar danach aus, als könne der Maschinist dazwischen noch andere Arbeiten wie das Verputzen erledigen. In der Realität ist das aber nur selten der Fall», erzählt Geschäftsführer Gerd Stuber.

Also begann man sich mit automatischen Beschickungen auseinanderzusetzen. Allerdings waren realistische Lösungen für das Handwerk dünn gesät. Einige Maschinenhersteller reichten Vorschläge mit einem Roboter aus dem Industriebereich ein. «Das wäre aber auch mit einem Occasionsmodell zu teuer gewesen», sagt Gerd Stuber. Selbst heute ist das Angebot an Handwerkerlösungen noch sehr klein, obwohl der Bedarf in der Schweiz durchaus vorhanden wäre. Schweizer Maschinenhändler führen dies auf den Umstand zurück, dass im Ausland die Nachfrage bisher verhältnismässig klein war, weil dort die Lohnkosten wesentlich tiefer sind. Und im industriellen Bereich kommen ohnehin die erwähnten Roboter zum Einsatz. Die Schreinerei Stuber entschied sich nach der Evaluation für eine «TBA 330»-Beschickung in Verbindung mit einer «BOF 211» mit «Flex-5»-Aggregat von Homag.

Auch der Beschicker braucht Platz

Ähnliche Gedanken machte man sich in der Schreinerei Bürgisser in Oensingen SO. Im Frühling wird dort eine «Rover A» zusammen mit einer automatischen Beschickung von Biesse installiert. Die Ziele sind klar: «Wir wollen die Spitzen brechen, unsere Mitarbeiter gleichmässiger aus- und somit entlasten. Ausserdem wollen wir nicht nur im Büro oder in der Ausstellung innovativ sein, sondern auch in der Werkstatt», sagt Geschäftsführer Marcel Heller.

Da es die erste Anlage von Biesse in dieser Form ist, die in der Schweiz installiert wird, bestehen gemäss Heller gewisse Risiken. Die Schreinerei hat aber vorher bereits mit dem Maschinenhersteller zusammengearbeitet und produziert jetzt schon auf einer «Rover A», das Vertrauen ist also da. «Zudem hatten wir die Möglichkeit, bei der Entwicklung dabei zu sein und unsere Wünsche einzubringen», fügt Heller an. Beide Schreinereien mussten allerdings noch weitere, entscheidende Aspekte klären – allen voran die Platzfrage, denn eine Beschickung mit einem Belade- und Abstapelplatz verlängert das BAZ deutlich. Bei der Firma Stuber entschloss man sich, das angrenzende Massivholzlager zu verkleinern, um den benötigten Platz zu gewinnen.

Die Schreinerei Bürgisser passte dazu das ganze Layout im Maschinenraum an. Die Konsequenz daraus war, dass ein Bohrautomat liquidiert sowie die Abricht- und Dickenhobelmaschinen gegen eine kombinierte Version getauscht wurden.

Barcode oder Arbeitsliste?

Ebenfalls zur Diskussion stand die Frage nach einem Barcode-System: Am Beschicker ist dann ein Scanner montiert, welcher den aufgeklebten Code automatisch scannt und so das jeweilige Programm abruft. Die Alternative dazu ist eine Arbeitsliste, in welcher die Programme für alle Teile im Stapel in einer bestimmten Reihenfolge aufgelistet sind. Das bedingt jedoch, dass die Stapel immer entsprechend vorsortiert sind.

Für Gerd Stuber war damals klar: «Nur mit einem Barcode können wir alle Vorteile vollumfänglich nutzen. Und genau das ist unser Ziel: Wir wollen aus der bestehenden Infrastruktur das Maximum herausholen.» Für das Unternehmen bedeutete dies eine grosse Umstellung, da bis anhin ohne Barcode gearbeitet wurde. Dafür können die enthaltenen Informationen in der gesamten Produktionskette genutzt werden.

In Oensingen wird man vorerst auf die einfache Arbeitsliste setzen. Die Beschickung ist aber entsprechend vorbereitet, so dass ein Scanner ohne Weiteres nachgerüstet werden kann. Marcel Heller nennt zwei Gründe für diesen Entscheid: «Wir wollen zuerst vertieft abklären, ob ein Barcode für unseren Betrieb Sinn macht. Und in den letzten Jahren haben wir schon mehrere Projekte in Angriff genommen, die von den Mitarbeitern einiges abverlangten.»

Braucht es den Maschinisten noch?

Insbesondere bei der Automatisierung von bestimmten Aufgaben ist es enorm wichtig, die Anliegen der Mitarbeiter ernstzunehmen. Die Frage, ob es denn überhaupt noch Maschinisten braucht, ist in diesem Zusammenhang durchaus nachvollziehbar. Wie beide Geschäftsführer erklären, war bei der Belegschaft durchaus eine gewisse Skepsis vorhanden. «Für uns war aber von Anfang an klar, dass es keine Veränderung am Personalbestand oder an der Aufgabenteilung geben wird», erklärt Marcel Heller. Ausserdem sei es wichtig, aufzuzeigen, welche Erleichterungen und Vorteile eine Beschickung für die Mitarbeiter bringe. «Künftig können wir beispielsweise ein ganzes Palett Türrohlinge über den Beschicker laufen lassen, ohne dass sie mühsam zu zweit umhergehievt werden müssen.»

Bei der Firma Stuber arbeiten – wie vor dem Kauf der neuen Anlage – immer noch dieselben drei Maschinisten mit dem BAZ. Einer davon ist Marco Blaser, und er würde den Beschicker nicht mehr hergeben: «Die Arbeit wurde für uns sogar interessanter, weil wir uns jetzt mehr auf die schwierigen und speziellen Teile konzentrieren können. Währenddessen erledigt der Beschicker die weniger spannenden Serienarbeiten.» Selbstverständlich habe es am Anfang auch Kinderkrankheiten gegeben, man musste sich an die neuen Abläufe gewöhnen und die Grenzen des Beschickers ausloten. Dazu gehört zum Beispiel das exakte Positionieren der Barcode-Etikette und das saubere Stapeln der Teile. Problematisch sind je nachdem auch kleine und dünne Werkstücke, weil sie nicht mehr zuverlässig angesaugt oder vom darunterliegenden Werkstück getrennt werden können. Bekanntlich schwierig sind dabei MDF-Teile, weil je nach Dicke und Fabrikat durch sie hindurchgesaugt wird.

Damit das Abstapeln funktioniert

Auch beim Abstapeln nach der Bearbeitung gilt es, einige Punkte zu beachten. So muss nach der Bearbeitung noch genügend Saugfläche vorhanden sein, um das Teil sicher zu transportieren. Probleme verursachten hier manchmal durchgehende Bohrungen, insbesondere wenn sie sich direkt bei den Hauptsaugern des Beschickers befinden. Das lässt sich aber einfach beheben, indem man die Bohrungen nicht mehr durchgehend programmiert. «Und ansonsten haben wir ja nach wie vor die Möglichkeit, von Hand zu beschicken. Wir lassen aber mittlerweile viel mehr Teile über den Beschicker laufen, als wir ursprünglich für möglich gehalten haben», erzählt Marco Blaser.

Gemäss Gerd Stuber waren die Kosten für das Projekt vertretbar und betriebswirtschaftlich absolut sinnvoll: «Auf den ersten Blick hat man zwar das Gefühl, der automatische Beschicker arbeite langsam. Viel wichtiger ist aber, dass er stetig und konstant arbeitet.» Und bei Bedarf läuft die Anlage während des Znünis, über Mittag und am Abend autonom.

www.stuberteam.chwww.buergisserag.chwww.homag-schweiz.chwww.biesse.ch

ph

Veröffentlichung: 25. Februar 2016 / Ausgabe 8/2016

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