Viertes Lehrjahr, vierte Schreinerei

Smilla Jost in der Werkstatt der Schreinerei Nussbaumer. Bild: Nicole D'Orazio

Smilla Jost absolviert ihre Ausbildung beim Lehrbetriebsverbund Schreinermacher. Die Zürcherin hat deswegen schon in verschie­denen Unternehmen arbeiten dürfen, was sie toll findet.

Kurz nach Feierabend kommt noch ein Kunde zur Tür herein. Es ist der Schuhmacher von nebenan. Obwohl sie eigentlich gerade nach Hause gehen wollte, nimmt sich Smilla Jost Zeit. Er braucht nur ein kleines Stück Holz und ist rasch wieder weg. «So läuft das hier den ganzen Tag, es gehen bei uns ständig Leute ein und aus, auch wenn man das vielleicht nicht denkt. Das ist das ‹Dörfli›», schwärmt sie. Die Schreinerlernende arbeitet dort, wo andere shoppen, essen oder in den Ausgang gehen: Mitten im Zürcher Niederdorf. Die Schreinerei Nussbaumer liegt etwas versteckt in einem alten Haus. Die Werkstatt ist auf zwei Stockwerken verteilt.

Seit letztem Sommer arbeitet die 21-Jährige im kleinen Betrieb. Neben ihr und dem Chef sind noch zwei weitere Schreiner angestellt. «Für mich ist es perfekt hier, der richtige Abschluss der vier Jahre», erzählt sie. Denn es ist bereits das vierte Unternehmen, in dem sie während ihrer Ausbildung arbeitet. Und das ist gewollt.

Mindestens eine kurze Rotation

Smilla Jost ist beim Lehrbetriebsverbund Schreinermacher angestellt. Wer will, kann zwischen den Lehrbetrieben wechseln. Das machen nicht alle, aber gut die Hälfte der Lernenden. Eine kurze, dreimonatige Rotation absolvieren jedoch alle, um sicher einen zweiten Einblick zu erhalten. «Bei mir sind es halt zwei Wechsel mehr geworden, doch das passt zu mir. Mir darf es nicht zu eintönig werden», sagt die Stadtzürcherin.

Während der beiden ersten Jahre hat sie im gleichen Betrieb gearbeitet. Es habe ihr dort aber nicht gefallen, weswegen sie ihren Berufsbildner darauf angesprochen hat. «Das ist im Verbund super. Man hat ein Sicherheitsnetz und ist nicht allein. Bei Problemen kann man zum Lehrmeister gehen und mit ihm sprechen.»

Für den dreimonatigen Betriebswechsel kam sie in eine Schreinerei im Zürcher Oberland. «Es war für mich völlig neu, so lange zur Arbeit zu fahren und jeweils genau auf den Fahrplan zu achten, weil es nur wenige ÖV-Verbindungen gibt», erzählt sie und lacht. Das habe ihr als Stadtkind jedoch gut getan. Danach ging es für sie ein Jahr lang in die Fensterfabrik Albisrieden in Zürich. «Das war toll. Dort sind mehrere Lernende.»

Für das vierte Lehrjahr wechselte sie schliesslich zur Schreinerei Nussbaumer. Das sei für sie wie ein Nachhausekommen gewesen. «Denn hier habe ich vor der Lehre ein Praktikum absolviert. Es war ein schöner Zufall, dass hier ein Platz frei wurde und der Betrieb dem Verbund angeschlossen ist.» Denn die junge Frau hatte zuvor mit dem Gymnasium begonnen, dort aber schnell gemerkt, dass es nichts für sie ist und abgebrochen.

Freude am Handwerk geerbt

Mit der Schreinerlehre ist sie happy. «Schon mein Grossvater war Schreiner und ich war als Mädchen oft bei ihm in der Werkstatt. Es ist schön, mit den Händen zu arbeiten», erzählt Smilla Jost. Das Handwerk sei zudem pragmatisch und lösungsorientiert. Das gefällt ihr. Polydesign hätte sie auch noch interessiert, doch nach dem Praktikum war sie sich sicher, Schreinerin zu lernen. Vom ganzen Arbeitsspektrum her mag sie am liebsten, Altes zu restaurieren. «Das dürfen wir in diesem Betrieb oft machen, weil wir mit der Stadt Zürich zusammenarbeiten.»

Eine Lehre in einem Verbund zu machen, kann die junge Frau weiterempfehlen. «Man ist eben nie alleine und erhält Unterstützung», zählt sie die Vorteile auf. Die Verbundslernenden können auch von internen Workshops, wie zum Beispiel vor der Teilprüfung oder vor der Individuellen Praktischen Arbeit (IPA), profitieren. «Zudem treffen wir uns jährlich zu einer Schulung im Wald. So bleibt man untereinander in Kontakt.» Ob die Rotationen während der Lehre etwas für ­einen sind, das kann jeder Auszubildende entscheiden. Natürlich sei es schwierig, das Umfeld zu wechseln und sich im neuen Betrieb wieder einzuleben. Das komme halt auf die Person an, findet Smilla Jost. «Und alles wechselt man ja nicht. Man bleibt an der gleichen Berufsschule und in seiner Klasse.»

Ein Highboard als IPA-Möbel

Als nächstes Projekt nimmt die Zürcherin die IPA in Angriff. «Wir hatten dazu schon eine verbundsinterne Vorbereitung. Ich werde für mich ein Highboard herstellen. Es soll 1,60 mal 1,60 Meter gross sein und im Stil der 1960er-Jahre sein. Das mag ich», erzählt sie. Die Türen werden ein Wiener Geflecht haben. «Ich habe mega Lust, damit anzufangen.»

Nach dem Lehrabschluss im Sommer plant Smilla Jost, eine Teilzeitstelle zu suchen. «Ich möchte innerhalb von zwei Jahren die berufsbegleitende Berufsmatura machen», sagt sie. Danach träumt sie von einem Innenarchitekturstudium. «Später möchte ich Möbel designen. Ich will aber nicht nur im Büro sitzen, sondern selber in der Werkstatt an ihnen arbeiten.»

Nicole D'Orazio

www.schreinermacher.swiss
www.schreinerei-nussbaumer.ch

Veröffentlichung: 03. Februar 2021 / Ausgabe 6/2021

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