Von der Industrie bis zur privaten Küche


Möbelfolien gibt es in den verschiedensten Dekoren und auch für unterschiedliche Anwendungsbereiche. Bild: Schattdecor SE
Möbelfolien gibt es in den verschiedensten Dekoren und auch für unterschiedliche Anwendungsbereiche. Bild: Schattdecor SE
Möbelfolien. Der Begriff «Möbelfolie» wird zuweilen für unterschiedliche Produkte verwendet. Und auch wenn der finale Einsatzort meist die Fläche eines Möbels ist, gibt es doch wesentliche Unterschiede in der Herstellung und Verarbeitung.
Der Begriff «Folie» beschreibt eine Vielzahl an Produkten aus den verschiedensten Bereichen. «Eine Folie ist ein homogenes Flächengebilde aus sehr dünnem Metall- oder Kunststoff. Folien dienen häufig zu dekorativen oder grafischen Zwecken sowie zum Trennen von Stoffen, die sich nicht vermischen sollen», heisst es etwa bei Wikipedia. So entsprechen dann auch alltägliche Produkte wie die Frischhalte- oder Aluminiumfolie dieser Definition. Bei den Möbelfolien kann der Begriff aber etwas irreführend sein. Denn Möbelfolie ist nicht gleich Möbelfolie, und nicht immer handelt es sich bei den Produkten um ein Erzeugnis aus Kunststoff.
«Spricht man in der Möbelindustrie von Möbelfolien, handelt es sich meist um ein bedrucktes und lackiertes Dekorpapier oder Vorimprägnat», sagt Andreas Lehnig, Leiter Marketing bei der Schattdecor SE im deutschen Thansau. Das auf den Dekordruck spezialisierte Unternehmen beliefert Möbelhersteller und Kaschierer auf der ganzen Welt mit ebensolchen Möbelfolien. Grösster Abnehmer dieser Folien ist etwa Ikea. Gleichwohl es sich bei dem Ausgangsmaterial um Papier handelt, hat sich das Wort «Folie» bzw. «Finishfolie» als Überbegriff durchgesetzt − wohl auch weil das finale Produkt bis zu einem gewissen Grad flexibel und dadurch für Ummantelungen geeignet ist. Des Weiteren gibt es auch Finishfolien, die aus Kunststoff hergestellt werden. Produkte aus thermoplastischen Materialien wie etwa Polypropylen (PP) sind zum Beispiel für den Einsatz in Feuchträumen besser geeignet als die Folien auf der Basis von Papier. «Diese PP-Folien, die ebenfalls bedruckt und lackiert werden, sind nochmals etwas flexibler und erlauben zudem kleinere Radien beim Ummanteln von Werkstücken», sagt Lehnig.
Ob auf Basis von Papier oder Kunststoff, die Verarbeitung ist bei den Finishfolien aus der Möbelindustrie dieselbe: Die Folie wird beim Möbelhersteller im Kaschierprozess auf einen Träger (Span/MDF/HDF/Sperrholz) geklebt und bei Bedarf ummantelt.
Wie der Name schon vermuten lässt, finden die Möbelfolien insbesondere Verwendung bei Möbeln. Sie kommen aber auch bei Türen, Deckenverkleidungen, Wandpaneelen oder im Caravanbereich zum Einsatz. Bei dem Dekorpapier, das unter anderem für die Finishfolien verwendet wird, handelt es sich im Prinzip um das gleiche Produkt, wie es auch bei der Herstellung von beschichteten Holzwerkstoffen oder HPL Verwendung findet. Während hier die finale Oberfläche durch das Verpressen der imprägnierten Dekorpapiere zusammen mit einem oder mehreren Overlays unter Hitze und Druck entsteht, kommt die Oberfläche der Möbelfolien bereits mit einem fertigen Finish aus den Werken von Schattdecor − daher auch der Begriff «Finishfolien». Seit einiger Zeit setzt das Unternehmen dabei vermehrt auf eine neue Lackiertechnologie. So kommt bereits bei drei Vierteln der Lackiermenge ein sogenannter ESH-Lack zur Anwendung. Dieser Lack härtet unter dem Einfluss von Elektrostrahlen aus und ist formaldehydfrei. Das Verfahren löst die bisher übliche Technologie mit Säure und Hitze ab. «Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit haben die ESH-Lacke wesentliche Vorteile, besonders wenn für den Aushärteprozess erneuerbare Energien genutzt werden», sagt Lehnig.
Eine selbstklebende Möbelfolie, wie sie zuvor im Praxistest thematisiert wurde, findet sich nicht im Sortiment von Schattdecor. «Hier handelt es sich um andere Produkte und Herstellungsprozesse als bei den Folien, die in der Möbelindustrie Verwendung finden», sagt Lehnig.
Tatsächlich haben solche selbstklebenden Folien einen etwas anderen Ursprung. «Die Produkte, die wir verwenden, kommen aus der Werbetechnikbranche», sagt etwa Stefan Beerli, Inhaber und Mitbegründer der Zweimalig GmbH aus Gossau ZH. Das Unternehmen hat sich auf Küchen- und Möbelfolierungen spezialisiert. «Inzwischen gibt es auch Folien, die explizit für die Verwendung auf Möbeln gedacht sind, im Prinzip ist es aber das gleiche Material, wie es in der Werbetechnik oder beim Car Wrapping eingesetzt wird», sagt Beerli. Hersteller solcher selbstklebenden Möbelfolien sind zum Beispiel Coverstyle oder 3M. Die Oberflächen dieser Folien sind durchaus strapazierfähig, auch wenn sie bezüglich der Kratzfestigkeit nicht mit der Oberfläche einer HPL-beschichteten oder -belegten Platte zu vergleichen seien, wie der gelernte Schreiner weiss. So sollte bei der Pflege am besten ein Putzmittel mit sanftem Alkohol und auf keinen Fall ein scheuerndes Mittel verwendet werden.
Die aufgezogene Folie kann grundsätzlich auch nach mehreren Jahren wieder rückstandslos entfernt werden. Einzig bei Fronten mit sehr sprödem Kantendekor bestehe das Risiko, dass dieses beim Ablösen der Folie gleich mitkommt, wie Beerli sagt. Bei den allermeisten Oberflächen und besonders bei 2-mm-Kanten gebe es aber keine Probleme. Bei den Auftraggebern der Zweimalig GmbH handelt es sich in der Regel um Privatkunden. «Oftmals sind es 20- oder auch 30-jährige Küchen, bei denen ein moderneres Dekor gewünscht ist», sagt Beerli. Manchmal sind es aber auch neuere Küchen, die das Unternehmen folieren darf. So etwa bei einer grossen Überbauung in Zug. Über zwei Jahre hinweg haben Beerli und sein Team rund 160 Küchen und Garderoben eine neue Oberfläche verpasst − die Möbel, eigentlich erst wenige Jahre alt. «Das Frontdekor war aber bereits vielerorts vergilbt, weil man wohl den günstigsten Anbieter gewählt hat», sagt Beerli.
Durch das Folieren der Oberflächen konnte von einem Ersatz der Fronten oder gar der kompletten Küchen abgesehen werden. Für die Liegenschaftsverwaltung sicher eine willkommene Lösung, denn in den allermeisten Fällen stehen die Kosten für eine Küchenfolierung in keinem Verhältnis zu denen einer neuen Küche.
«Natürlich komme es etwas auf die Grösse an, aber in der Regel ist eine Küche in einem Tag fixfertig foliert», sagt Beerli. So bewegen sich die Kosten dann im Bereich um die 4000 Franken. Wie viel hingegen eine neue Küche oder auch nur der Ersatz der Fronten kostet, kann sich wohl jeder Schreiner vorstellen.
Veröffentlichung: 08. Mai 2025 / Ausgabe 19/2025
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