Wenn mehr zählt als nur das Werkzeug

Bild: Monika Hurni

Baustelle.  Gutes Werkzeug ist das A und O für den Monteur. Doch für eine effiziente und saubere Arbeit auf dem Bau sind noch viele weitere Faktoren entscheidend. Dazu gehören eine auf die eigenen Bedürfnisse angepasste Organisation und ein hohes Mass an Flexibilität.

Bei einigen Schreinern ist der Hersteller von Montagewerkzeug, insbesondere bei den Kleinmaschinen, fast schon eine Glaubensfrage. Ob rot, grün, gelb oder blau – beim Blick in den Montagewagen bekennt der Monteur in diesem Fall gleich auf den ersten Blick Farbe. Doch nicht selten findet man bei ein und demselben Monteur auch ein breitgefächertes Farbspektrum. Jede Handmaschine abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse, in vielen Fällen nach einem fundierten Testverfahren gekauft.

Maschinen verschiedener Hersteller findet man oftmals gerade bei Monteuren, die bereits länger in diesem Bereich tätig sind. «Früher bestanden teilweise erhebliche Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten unterschiedlicher Hersteller», erklärt Roland Wildi, Leiter des Lehrgangs «Fachmonteur mit Diplom VSSM» am Weiterbildungszentrum Lenzburg AG. Heutzutage könne man bei der Werkzeugwahl nicht mehr so viel falsch machen, ist der Fachmann überzeugt. «Die Hersteller im Profibereich sind auf Augenhöhe.» Er rät beim Kaufentscheid deshalb, die Serviceleistungen als wichtiges Kriterium in die Entscheidung einfliessen zu lassen.

Akku oder Kabel?

Doch bevor es in die Detailfragen geht, stellt sich die Gretchenfrage: Akku oder Kabel? Die Antwort darauf hat wiederum einen direkten Einfluss auf die vorhergehende Thematik. Denn während in den Anfangszeiten dieser Technologie jede einzelne Handmaschine ihren speziell auf sie abgestimmten Akku hatte, sind diese nun meist mit allen Maschinen eines Herstellers kompatibel. So muss der Monteur nicht für jedes Gerät einen Akku auf die Baustelle tragen und sich keine Gedanken darüber machen, welchen davon er wann laden muss. «Das ist zwar sehr praktisch, macht aber auch abhängig von einem Hersteller», sagt Luciano D’Anna. In der Werkzeugkiste des selbstständigen Monteurs aus dem thurgauischen Frauenfeld findet sich eine bunte Mischung aus netz- und akkubetriebenen Geräten. «Ich achte in erster Linie auf die Leistungsfähigkeit und das Gewicht der Maschine», erklärt D’Anna. Damit spricht er die beiden wesentlichsten Faktoren an, die im Zweifelsfall gegen akkubetriebene Geräte sprechen könnten.

Ähnlich wie bei der Wahl des Maschinenherstellers gilt auch bei der Entscheidung für oder gegen ein Akkugerät: Je länger der Monteur in seiner Funktion tätig ist, desto eher verfügt er noch über eine grössere Anzahl von Geräten mit Kabel. So auch Christian Ganz. Er habe sein Werkzeug vor sieben Jahren gekauft, erklärt der diplomierte Fachmonteur und Teilhaber der Ismont AG im zürcherischen Waltalingen. «Damals hatten viele Akku-Maschinen bezüglich Leistung und Gewicht noch Defizite gegenüber denjenigen mit Kabel.» Doch gerade in diesen Bereichen hat die Technologie in den vergangenen Jahren eine extreme Weiterentwicklung erfahren.

Nicht vom Bürostuhl aus entscheiden

Bezüglich der Qualität sind die Hersteller ziemlich nahe zusammengerückt. Doch oftmals sind es die spezifischen Eigenheiten der jeweiligen Handmaschinen, die beim Kauf ausschlaggebend sind. Dies können neben der Leistungsfähigkeit und dem Gewicht auch die Handhabung oder das Zubehör sein. Und wie man es vom Schreiner kennt, spielt auch die Ergonomie eine wichtige Rolle. «Die Maschine muss gut in der Hand liegen», bringt es Ganz auf den Punkt. Bei der Ismont AG erhält deshalb jeder der aktuell 13 Monteure eine monatliche Lohnzulage, mit der er sein eigenes Werkzeug anschaffen und sein eigenes Montagefahrzeug einrichten kann. So sei jeder Monteur selber verantwortlich für sein Werkzeug und trage wahrscheinlich auch etwas mehr Sorge dazu, sagt Ganz. «Die Auswahl des Montagewerkzeugs sollte nicht vom Bürostuhl aus entschieden werden», findet auch Roland Wildi, der neben seiner Schulungstätigkeit im Bereich der Betriebsanalyse und Unternehmensberatung tätig ist. «Der Monteur sollte, wenn immer möglich, beim Kauf mitreden können», sagt er. «Im Idealfall erhält er von seinem Chef den Auftrag, das passende Werkzeug zu evaluieren und ihm dann einen konkreten Vorschlag zu präsentieren.»

Bei der Anschaffung von gutem Werkzeug lohnt es sich nicht zu sparen. Denn es handelt sich dabei um eine langfristige Investition, die sich am Ende durch effiziente und pannenfreie Arbeit auszahlt.

Zuständigkeiten definieren

Eigenverantwortung ist der Idealfall. Werden Montageauto und Werkzeug nur von einer Person benutzt, so ist die Sache einfach: Ist das Werkzeug nicht dort, wo es sein sollte, fehlen die Bits für den Akkuschrauber oder sind die Stechbeitel nicht geschärft, so ist dies die eigene Schuld.

Anders sieht es aus, wenn mehrere Monteure mit demselben Fahrzeug unterwegs sind. «In diesem Fall lohnt es sich, interne Prozesse festzulegen», sagt Roland Wildi. Es gelte, klare Zuständigkeiten zu definieren und diese schriftlich zu fixieren. «Wenn die Aufgaben nicht klar zugeordnet sind, dann fühlt sich keiner verantwortlich.»

Jeder Monteur kennt diesen Moment, wenn er auf der Baustelle ankommt, feststellt, dass der passende Torx-Einsatz fehlt, sich überlegt, ob er die wenigen verbleibenden Schrauben auch mit dem Kreuzschlitz-Einsatz irgendwie reindrehen kann und nach gescheitertem Versuch mit vermurkster Schraube doch zurück zum Montagefahrzeug läuft, um den passenden Einsatz zu holen. Oder den Moment, in dem er beschliesst, den benötigten Ausschnitt mit einem stumpfen Stichsägeblatt hinzuwürgen, nur weil die Ersatzblätter fehlen. Solche Situationen kosten viel Zeit und noch mehr Nerven.

«Lieber etwas mehr kaufen als etwas mehr laufen», findet Luciano D’Anna. Diesen einen nervigen Moment habe er beispielsweise mit der Schutzbrille erlebt. «Nun habe ich je eine im Koffer der Flex und der Oberfräse.» Er habe sich auch angewöhnt, stets genügend Ersatz- und Kleinteile dabei zu haben, sagt er, während er ein Säckchen aus dem Koffer mit der Bohrmaschine zieht, prall gefüllt mit Aufsätzen, Spezialbits, Ausreibern und Inbusschlüsseln.

Lehren für Standardsituationen

Auf Montage ist grosse Flexibilität gefragt. Jede Baustelle hat ihre eigenen Herausforderungen. Dennoch trifft der Monteur auch auf Standardsituationen. Hier lohnt sich der Einsatz einer Lehre. D’Anna hat sich beispielsweise einen Aufsatz für die Oberfräse gebaut, um ohne zusätzliche Einstellungen eine Falztiefe von 15 mm fräsen zu können. Christian Ganz erleichtert sich die Montage von Handläufen mit der Rasto-Bohrlehre von Lamello. Diese kann mittels Positionierbolzen platziert werden und ermöglicht so auch bei schrägen Kanten eine exakte Bohrung. Während es für den Bankschreiner durchaus praktisch sein kann, über Lehren für verschiedenste Situationen zu verfügen, sollte sich der Monteur auf einige wenige beschränken. «Je mehr Material im Montagewagen verstaut ist, desto leichter verliert man den Überblick», sagt Ganz. Es mache keinen Sinn, haufenweise Material mit sich herumzuführen, das man dann im Zweifelsfall nicht finde.

Persönliche Organisation

Ein grosses Thema ist die Organisation. Christian Ganz hat ein hölziges Regalsystem in sein Montagefahrzeug eingebaut, leicht geneigt und gut gesichert, damit das Material beim Fahren nicht rausfällt. Daneben hat er auch die Werkzeugkisten mit einem eigenen Einteilungssystem ausgestattet, sodass er die wichtigsten Werkzeuge stets im Überblick hat. Bei der Organisation gibt es kein Richtig oder Falsch, einzig ein «Abgestimmt auf die persönlichen Bedürfnisse». «Ich bin froh, wenn ich einzelne, leichte Kisten habe, die bei Bedarf miteinander kombiniert und gekoppelt werden können», erklärt Ganz.

Andere Monteure, gerade auch im Küchenbau, setzen oftmals auf grosse Werkzeugkisten, weil sie aufgrund des Materialtransports im Normalfall einen Transportrolli dabei haben. Bei Transporthilfen wie Raupenkran oder Treppensteiger, die bei den meisten Monteuren nicht regelmässig im Einsatz stehen, sieht Roland Wildi eine Miete oder allenfalls einen Kauf gemeinsam mit einem anderen Betrieb als probable Lösung. Der Einsatz solcher Hilfsmittel sei dank erhöhter Arbeitseffizienz und verringertem Schadenrisiko finanziell interessant. Ausserdem gelte es, das Tragen schwerer Lasten zu vermeiden. Denn am Ende des Tages ist es die Gesundheit des Monteurs, die wirklich zählt.

www.schreiner-montagen.chwww.wildi-smp.chwww.ismont.ch

mh

Veröffentlichung: 05. September 2019 / Ausgabe 36/2019

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