Interview

Wichtiges Argument der Pflanzenchemie für die Ökologie ist der klimaneutrale Kohlenstoffkreislauf. Bild: Auro

Schreinerzeitung: Herr Lettau, was verstehen Sie unter einem ökologischen Lack?
Markus Lettau: Ein ökologischer Lack liegt dann vor, wenn dieser aus nachhaltigen Rohstoffen produziert wird, das heisst auf der Basis von Biomasse. Damit es sich um ein ökologisches Produkt handelt, braucht es zwingend den Kohlenstoff aus dem Kreislauf der Natur und nicht aus Erdöl. Denn nur dann trägt das Produkt zur CO2-Entlastung bei.
Das heisst, so ein Produkt muss nicht zwingend wohngesund sein?
Wenn Sie die Regale in den Baumärkten ansehen, stellen Sie schnell fest, dass es im Grunde nur ökologische Anstriche gibt, weil diese mit wohngesund beschrieben sind, also wenig Emissionen aufweisen. Da fangen wir als Naturfarbenhersteller aber gerade erst an im Bemühen um Ökologie.
Helfen dabei Label wie etwa der Blaue Engel, der in der Farbchemie weit verbreitet ist?
Darauf verzichten wir bewusst, denn uns gehen die Kriterien und Grenzwerte für das Label nicht weit genug. Ein Produkt mit dem Blauen Engel kann trotzdem noch fossilen Kohlenstoff und auch problematische Lösemittel enthalten. Wir prüfen unsere Produkte mit eigenen Bindemitteln durch unabhängige Institute hinsichtlich der Biogenität (rein organischer Ursprung, A. d. R.), um beim Kunden glaubhaft versichern zu können, dass es sich dabei um einen echten ökologischen Lack handelt.
Wie muss man dann einen Wasserlack einsortieren?
Ein Wasserlack ist emissionsarm, aber deshalb noch kein ökologischer Lack. Wir als Naturfarbenhersteller verwenden Lösemittel, die dann aber aus Orangenschalenöl oder Balsam-Terpentinöl, die aus natürlichen Rohstoffen gewonnen werden, stammen. Diese können zu allergischen Reaktionen beim Verarbeiter führen, worauf wir auch hinweisen. Es gibt Anbieter im ökologischen Sektor, die Isoalkane als Lösemittel verwenden, die nicht allergen sind, aber aus der Petrochemie stammen und damit nicht nachhaltig sind. Wir produzieren wasserbasierte Lacke, die aber neben der lösemittelfreien Beschaffenheit auch nur Rohstoffe des natürlichen Stoffkreislaufes enthalten.
Eine nachhaltige Beschichtung muss lange halten. Kann das ein Ökolack?
Das kann er. Unsere ökologischen Produkte halten heute genauso lange wie konventionelle Lacke. Daran werden wir ja auch gemessen. Der Anwender erwartet, dass wir Bio in die Dose füllen und das Produkt genauso haltbar ist wie eine petrochemische Variante. Wichtig bei der Haltbarkeit ist die Beschaffenheit der Bindemittel. Heute gibt es ökologische Bindemittel, wie wir etwa ein eigenes entwickelt haben, die das gleiche technische Niveau haben und deshalb auch die Haltbarkeit.
Und wie steht es heute mit der Farbenvielfalt?
Auch hier befinden wir uns inzwischen in einer anderen Welt. Wir haben eine Palette von fast 800 verschiedenen Farbtönen, die allesamt auf mineralischen Farbpigmenten und nicht auf organischen Pigmenten beruhen.
Trotzdem finden sich in den Schreinereien eher selten Farbkübel von Naturfarbenherstellern. Haftet das Pinselimage doch noch stark an?
In den Köpfen steckt sicher noch das Image von der etwas schwierigeren Verarbeitung und den längeren Trocknungszeiten. Bei den ölbasierten Lacken haben wir durchaus Trocknungszeiten von 12 bis 24 Stunden, was eine industrielle Verarbeitung mit schneller Stapelung schwierig macht. Bei unserem neuen Lacksystem «Colours for life» verhält es sich genau umgekehrt. Diese Wasserlacke ziehen bereits nach acht bis zehn Minuten an. Die Trocknung setzt also sehr schnell ein. Der Verlauf des Filmes beim Lackieren ist sehr gut, und nach 90 Minuten können die Bauteile gestapelt werden. Aber: Das hat sich in der Tat vielleicht noch nicht wirklich herum- gesprochen.
www.auro.ch

christian härtel

Veröffentlichung: 18. Februar 2021 / Ausgabe 8/2021

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