Besser nutzen als kaufen

Verkaufsberater Peter Zaugg von der Immer AG kümmert sich täglich um Reparatur- und Mietmaschinen für Schreinereien. Bild: Immer AG

Werkzeuge Mieten.  Der Begriff der Sharing Economy macht die Runde. Leihen statt kaufen spart Ressourcen und bringt so ein Plus an Nachhaltigkeit. Manche Maschinen braucht auch der Profi äusserst selten, weshalb sich der kritische Blick auf die eigene Praxis lohnen kann.

Oft sind es die Kohlebürsten. Fast immer trifft es den Akteur unerwartet. Das elektrische Werkzeug riecht plötzlich, und damit ist die Lage klar. Die Minuten der Maschine sind gezählt. Also zurück in den Koffer und ab in die Reparaturwerkstatt damit. Was aber, wenn der Schreiner die defekte Stichsäge für den Tag dringend braucht, die Baustelle etwa in Bern Belp liegt und die Fahrt zur Werkstatt für eine Ersatz-Stichsäge zwei Stunden Zeitverlust bedeuten würde?

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Dann wäre etwa der Besuch bei der 25 Kilometer entfernten Immer AG in Uetendorf BE eine Lösung. Dort könnten die neuen Kohlebürsten bestellt und installiert und darüber hinaus eine Akku-Stichsäge zur Miete als erste Hilfe mitgenommen werden. Das Unternehmen, dessen Kundschaft zu fast 90 % aus der Holzbranche stammt, hat ein eigenes Reparatur- und Servicecenter, das auch ein Angebot an Mietmaschinen umfasst. Der Service für die Ersatzmaschine bei einem Defekt und die Reparatur der Maschine sind Teil des Selbstverständnisses vom Unternehmen. «Oft mieten Schreinereien ein Werkzeug, wenn eine Maschine in Reparatur ist oder aber mehrere Baustellen gleichzeitig laufen und es zu einer Bedarfsspitze kommt, die sonst Neuanschaffungen bedingen würde», sagt Andreas Moser, zuständig für Marketing und Kommunikation bei der Immer AG.

Neben solchen akuten Fällen, die zur Miete einer Maschine führen, leihen Profis vor allem Werkzeuge, die sie recht selten benötigen. Wenn es wirtschaftlicher ist, eine nur sporadisch benötigte Maschine zu mieten, anstelle das Kapital ins Regal zu stellen, ist die Miete auch durchaus sinnvoll. So würden Spezialwerkzeuge wie etwa die Ausbrech- oder Montagezange von Vorhangschienen gerne gemietet, weil der Bedarf nur alle paar Jahre auftaucht. Umso mehr gilt dies, wenn es sich bei den selten benötigten Maschinen um hochpreisige Elektrowerkzeuge handelt.

Eher ein Service denn ein Geschäft

Ein Akkuschrauber werde vor allem spontan beim Ausfall gemietet, ein spezielles Klammergerät eher planmässig bei Bedarf. Ein gutes Geschäft ist das Vermieten für die Immer AG jedoch kaum. «Für uns ist es eine Dienstleistung, um unsere Kundschaft zu unterstützen. Sie wird zwar genutzt, ist aber deshalb noch kein Geschäftsmodell», sagt Moser. Denn der Aufwand für den Vermieter sei beachtlich. Die Kundschaft erwarte einen Topzustand der Geräte, gerade weil Mietsachen oft nicht besonders pfleglich behandelt würden, und dies bedinge eine regelmässige Wartung und Pflege der Mietmaschinen. Die Miete von Werkzeugen und Maschinen durch Profis ist eher ein Ansatz zur Problemlösung im Einzelfall denn eine Strategie – weder für den Vermieter in der Holzbranche noch für den Profihandwerker als Mieter. Wird ein Gerät öfter benötigt, ist der Kauf meist die sinnvollere Option.

Wer öfter mietet, muss viel Zeit dafür aufwenden. Allein der organisatorische Aufwand, die Maschine zu suchen und zu reservieren, ist ein Faktor. Darüber hinaus muss dann die Wegzeit für Abholung und Rückgabe des Werkzeuges miteinberechnet werden. Zu den Klassikern solcher Mietwerkzeuge gehören sicher die Parkettschleifmaschine und Hilfsmittel wie ein Glaslifter oder Gerüste für Montagearbeiten samt Transportfahrzeugen.

Andreas Diener, Geschäftsführer des Meyer Handwerkerzentrums in Liestal BL, erlebt das Mietgeschäft ganz ähnlich. «Selten benötigte, hochpreisige Maschinen werden gemietet. Bei günstigen Maschinen lohnt sich die Miete für den Kunden kaum, trotz des geringen Mietzinses, der bei uns am Ende zu höheren Kosten als Erlösen führt.»

Leasing wird angenommen

Die Firma Hilti betreibt seit Jahren erfolgreich Modelle für das Maschinenleasing in Form eines Flottenmanagements. Auch das Meyer Handwerkerzentrum bietet seiner Kundschaft ein solches Fleet Management für verschiedene Marken an. Der Handwerker kauft das Werkzeug nicht, sondern bezahlt monatlich eine Rate über einen Zeitraum von 36 Monaten. «Unser Angebot des Fleet Managements wird vor allem für Schreiner-Monteure genutzt. Auffällig ist, dass es sehr kleine und recht grosse Betriebe sind, die das in Anspruch nehmen», erklärt Diener. Dies habe vor allem etwas mit der Zeit zu tun, die fehle, sich permanent um Maschinen und Werkzeuge zu kümmern.

Für den Handwerker ist das Leasingmodell bequem und berechenbar. Unterhaltskosten für Wartung und Reparaturen werden während der Dauer vom Meyer Handwerkerzentrum übernommen. Ist eine Maschine defekt, erhält der Kunde kostenlos ein Leihgerät. Werden darüber hinaus Maschinen oder Werkzeuge benötigt, können diese zu Vorzugskonditionen gemietet werden.

Weil sich das Angebot an verschiedene Handwerker richtet, kann Diener auch von Unterschieden berichten. «Im Gegensatz zu anderen Handwerkern wollen Schreiner am Ende der 36 Monate das Werkzeug meist erwerben.» Dann bezahlt der Handwerker die vereinbarte Restrate und kauft damit die Maschine. Weshalb sich Schreiner in dieser Hinsicht eher anders verhielten, liege auch daran, dass diese eher zu einer Qualitätsmaschine tendierten, die deutlich länger als drei Jahre störungsfrei laufe. Auch spiele für Schreiner die Flexibilität eine wichtige Rolle, und dafür brauche es eben auch eigenes Werkzeug. Unterdessen haben die Monteure im Leasingmodell wieder die neuesten Geräte zur Verfügung.

Ein Flottenmanagement zeigt seine Vorteile aber vor allem bei grösseren Betrieben. Die Farbpalette der Werkzeugkoffer im Unternehmen war früher meist recht gross. Geht eine Maschine kaputt, muss der Garantieanspruch geprüft werden, die Wirtschaftlichkeit einer Reparatur eingeschätzt werden, und vielleicht sind es sogar verschiedene Orte, an denen die Maschinen repariert werden mussten. Bei einem Flottenmanagement sind alle Monteure auf dem gleichen, neuesten Stand ausgerüstet. Im Fall einer defekten Maschine geht weniger Zeit verloren. Ein Ersatzwerkzeug wird gestellt und je nach Unternehmen sogar auf die Baustelle geliefert.

Die Idee schreitet voran

Das Teilen von Dingen, anstatt diese zu besitzen, neudeutsch als Sharing Economy bezeichnet, erlebt insgesamt ein kräftiges Wachstum und strahlt damit auch in den professionellen Bereich ab.

Das zeigt auch ein Praxisversuch von Bosch.In einem Pilotprojekt hatte das Unternehmen am Bahnhof in Bern über zwei Jahre einen Automaten mit Schliessfächern für die Miete von elektrischen Werkzeugen aufgestellt. Herr und Frau Schweizer konnten so bis Ende letzten Jahres auch spontan eine Maschine selbstständig ausleihen, ohne Termin und nennenswerten zeitlichen Vorlauf. Voraussetzung dafür war die Installation einer App mit Registrierung. «Die Sharing Economy ist ein interessanter Ansatz. Wir wollten herausfinden, ob eine solche Idee auch für Elektrowerkzeuge funktioniert, sprich ob das Angebot am Ende angenommen würde. Wir waren allerdings eher auf private Heimwerker denn Profis ausgerichtet», erklärt Pascal Scheidegger, Projektleiter bei der Robert Bosch AG in Zuchwil SO. Besonderer Vorteil dieser Idee für den Akku-Schrauber, die Stichsäge und das Lasermessgerät to go: Die Kundschaft erhält die gewünschte Maschine an einem Verkehrsknotenpunkt, auch am Wochenende und egal zu welcher Uhrzeit.

Der Erfolg sei durchaus eingetreten. Die Rückmeldungen der Kundschaft seien ebenso positiv gewesen. Durch die Registrierung weiss Bosch auch, dass gewerbliche Mieter zu den Kunden gehörten. «Die deutliche Mehrheit allerdings waren private Anwender. Profis brauchen eher Spezialwerkzeuge, so war die angebotene Wärmebildkamera bei gewerblichen Mietern besonders beliebt», sagt Scheidegger. Das Pilotprojekt brachte für das Unternehmen erste Erkenntnisse und Erfahrungen. Weil die Miete als Geschäftsmodell von der Auslastung und der leichten Verfügbarkeit für die Mietwilligen lebt, fahre ein Automat allein weder in die Gewinnzone, noch liefere er eine klare Aussage darüber, ob das Ganze ein Geschäftsfeld für Bosch sein könnte.

Mit Vermieten erfolgreich

Auf das Vermieten spezialisierte Unternehmen agieren derzeit erfolgreich. Ihre Zielgruppe reicht von Jung bis Alt, vom Laien bis zum Profi. Damit haben sie gegenüber den spezialisierten Dienstleistern für nur eine Branche entscheidende Vorteile. Das niederländische Mietunternehmen Boels etwa betreibt inzwischen auch zwei Niederlassungen in der Schweiz. Bei Boels kann man alles mieten, vom Abbruchbagger bis zum Akku-Schrauber, alles in Orange, versteht sich. In den letzten Jahren hat sich das Wachstum des Unternehmens enorm entwickelt, sodass Boels mit 650 000 Mietartikeln in 18 Ländern und über 400 Filialen weltweit zur Nummer zwei des globalen Marktes geworden ist.

Während die Niederländer auf einen klassischen Geschäftsablauf mit Online-Reservierung, Abholung und Rückgabe an den Standorten setzen, geht das deutsche Unternehmen Kurts einen ähnlichen Weg wie Bosch mit dem Pilotprojekt. Per App wird alles erledigt, und die Maschine wird selbst dem Schliessfach in Containern entnommen und zurückgebracht. Nach einem Versuch in Bern stehen die Container derzeit in Hamburg, doch soll dies laut Unternehmen nicht an der mangelnden Nachfrage liegen. Vielmehr sei kein geeigneter Standort für den Fortgang zu finden gewesen.

www.immerag.chwww.meyerhwz.chwww.bosch-professional.comwww.kurts.tools

christian härtel

Veröffentlichung: 24. Februar 2022 / Ausgabe 8/2022

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