Schreinern mit chirurgischer Präzision

Eine gut eingespielte Truppe: Robert Lüthi (l.) und das Handwerker-Team des Kantonsspitals Aarau. Bild: Andreas Reinhart

Spitalschreiner.  Der alltägliche Betrieb in einem Spital stellt besondere Ansprüche an alle beteiligten Berufsgruppen – auch an die Handwerker. Besuch in der Schreinerwerkstatt des Kantonsspitals Aarau.

Das Kantonsspital Aarau (KSA) ist mehr als ein Spital – es ist eine kleine Stadt. Über eine grosse Fläche verteilt erstrecken sich 46 verschiedene Spital- und Betriebsgebäude; das Ganze ist Park-artig angeordnet und von grosszügigen Grünflächen umgeben. In so einer Kleinstadt findet man, neben über 40 Kliniken und Therapiezentren, dann auch alles, was man braucht: eine Kinderkrippe, eine Gärtnerei, Restaurants, einen Kiosk – und eine Schreinerwerkstatt. Robert Lüthi (50), Leiter Baugruppe Architektur & Bau und somit oberster Schreiner, sieht sich und sein Team denn auch als «eine Art Stadtschreiner», wie er sagt. Neben einer Vielzahl an Handwerkern wie Schlossern, Elektrikern oder Gebäudetechnikern scheinen die Schreiner eine zentrale Anlaufstelle zu sein, wenn es darum geht, Troubleshooting zu betreiben. «Wir haben das breiteste handwerkliche Spektrum», sagt Lüthi nicht ohne Stolz, «und können in vielen Fällen helfen.»

Für Küche und Urologie

In der Spitalschreinerei treffen pro Tag bis zu 25 Aufträge ein, vom Aufwand her zwischen einer Minute und mehreren Tagen. Neukonstruktionen, Reparaturen, Wartungsarbeiten wie etwa bei der Revision der Operationssäle im Sommer. Aktuell steht gerade ein speziell konstruierter Schlüsselkasten auf der Werkbank, der demnächst im Spital installiert wird. Oder ein Gemüseregal für die Küche. Oder ein fahrbarer Schrank für die Urologie. «Bei uns geht es immer darum, Bestehendes mit Neuem zu kombinieren», erklärt Robert Lüthi. «Viele Dinge, die wir brauchen, kann man nicht von der Stange kaufen.» So ist der besagte Schrank eine auf die Bedürfnisse des Pflegepersonals abgestimmte Einzelanfertigung – je nachdem, für welche und für wie viele Gerätschaften ein Möbel Platz bieten soll, fällt die Konstruktion anders aus. Dabei spielt die Wahl der Materialien eine wichtige Rolle: Lüthi und sein Team setzen mehrheitlich auf Vollkernplatten, Metall und Glas, schliesslich werden die Materialien in Hygienebereichen eingesetzt. «Wir arbeiten eng mit der Abteilung für Spitalhygiene und Infektiologie zusammen, damit wir deren strenge Auflagen erfüllen können. Leider müssen wir im OP-Bereich auf geöltes oder unbehandeltes Holz verzichten», sagt Lüthi.

Der Nutzen kommt zuerst

In einem Spital steht der Nutzen eines Möbels oder eines Hilfsmittels im Vordergrund, und doch sollen die Teile auch präsentabel sein, sagt Lüthi. Schliesslich arbeitet die Schreinerei eng mit der Kunstbeauftragten des Kantonsspitals zusammen. Etwa dann, wenn es darum geht, neue Mobiles fürs Kinderspital oder Schallschutzwände aus rezykliertem PET zu bauen. Für solche grösseren Projekte im allgemein zugänglichen Raum oder grössere Umbauten beschäftigt das Kantonsspital einen eigenen Architekten. Die Nähe zum Spitalpersonal erleichtert die Lösung so manchen Problems – es sei schon vorgekommen, dass ein Kinderarzt mitsamt einem kleinen Patienten in der Schreinerei aufgetaucht sei, weil das Kind sich in einem Holzspiel- zeug verfangen habe, erinnert sich Robert Lüthi.

Schreinern fürs MRI

Weiter stellt die Spitalschreinerei Podeste fürs Röntgen, Keile und Ähnliches für die Patientenlagerung in der Physiotherapie oder Katheter-Halterungen her. Dabei kommt in der Regel Holz oder Plexiglas zum Einsatz. Eine Besonderheit für Lüthis Team stellen Gegenstände dar, die fürs MRI produziert werden – Stützen oder Halterungen etwa. Dort ist klassisches Schreinerhandwerk gefragt, dürfen die Teile doch kein Metall, also keine Schrauben und Nägel, enthalten, da die metallischen Teile mit dem starken Magnetfeld interferieren und so die Qualität der Bilder beeinträchtigen können.

Die anfallenden Schreinerarbeiten erledigt Lüthis Team mit einem vergleichsweise rustikalen Maschinenpark – etwa einer Tischfräse, einer Kantenleimmaschine und einer Bandschleifmaschine. Seit Kurzem habe man jedoch eine Striebig in der Werkstatt stehen, was vieles leichter mache, so Lüthi. Eine CNC-Fräse sucht man im Kantonsspital Aarau jedoch vergebens, schliesslich werden hier in erster Linie Einzelstücke hergestellt. Für den Fall, dass doch einmal eine kleine Serie produziert werden muss, stehen Lüthis Leute mit einem externen Schreiner in Kontakt.

Kompliziertes Tunnelsystem

Das Spitalareal in Aarau bietet eine Besonderheit, die man von aussen nicht sieht: Das Gelände ist untertunnelt. Eine Tatsache, die den Handwerkern sehr entgegenkommt. «Wenn wir drei Häuser weiter etwas reparieren müssen, hängen wir den Werkzeug-Anhänger ans Velo und fahren los», sagt Robert Lüthi und fügt scherzhaft an: «In diesem Tunnel kann man bis nach Suhr durchfahren.» Sein Team muss deshalb regelmässig externe Handwerker begleiten, die im unterirdischen Wegesystem keine Chance hätten, sich zu orientieren.

Neben Schreinerarbeiten sind die Mitarbeitenden von Robert Lüthi auch für die internen Umzüge verantwortlich. Und zwar bewegen sie nicht einfach nur Möbel von A nach B, sie übernehmen auch Planung, Optimierung und Nachbearbeitung. Bei gut 50 Gebäuden und über 4000 Mitarbeitenden findet ein stetiges Möbelrücken statt, zu Spitzenzeiten ist die Schreinerei fast zur Hälfte mit Zügelarbeiten ausgelastet.

Integration ist alles

Robert Lüthi, der als Mitglied der VSSM-Sektion Aargau auch Lehrabschlussprüfungen abnimmt, ist die berufliche Integration ein persönliches Anliegen. So bildet er von Zeit zu Zeit Mitarbeitende aus Eritrea aus. Einer absolvierte vor zwei Jahren erfolgreich die LAP.

In seiner Schreinerei arbeiten insgesamt vier Schreiner und zwei EBA-Lernende. «Ich finde es wichtig, schwächeren Mitarbeitenden eine Chance zu geben und sie zu fördern», sagt Lüthi. «Es ist schön, dass ein Grossbetrieb wie unser Spital bei der beruflichen Integration Pionierarbeit leisten kann», ist Robert Lüthi überzeugt.

www.ksa.ch

AR

Veröffentlichung: 26. August 2017 / Ausgabe 33/2017

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